Sonntag, 22. Dezember 2013

20 Thesen zur Spaltung des Kunstbegriffs: Das neue Buch von Carsten Reinhold Schulz


Für mehr Kritik und ein radikales Umdenken im Verständnis von Kunst:
Carsten Reinhold Schulz und das vielschichtige Experiment „Das zweite Feld“

Ausstellungen, Recherchen und Experimente seit 1989 tragen weitere Früchte: 
Mitte März 2014 erscheint das neue Buch von Carsten Reinhold Schulz als Taschenbuch im „dizzy ...“ Verlag, und streckenweise in englisch übersetzter Form auch als eBook, als Teil
seines fortlaufenden mehrschichtigen Kultur-Projekts zur Freiheit und zur Rolle des Künstlers (das zweite feld).
Das Buch enthält neben einigen bisher nicht veröffentlichten verbindenden Aktionen, auch detaillierte Anmerkungen und Thesen zu der, von ihm schon früh entwickelten,
dringend notwendig gewordenen, Spaltung des Kunstbegriffs. 

Ein neue gesellschaftliche Perspektive, heraus aus dem kulturellen Einerlei kritikfernen Kunstschaffens, hinein in neue, sinnstiftende Formen des Gesprächs über Kunst –
an dem endlich wieder alle teilnehmen könnten?

Frederike-Alna Fuchs

„Die Spaltung der Kunst“,
Thesen, An,erkungen, Projekte

zur gesellschaftlichen Rolle 
und Verantwortlichkeit von Künstlern
Carsten Reinhold Schulz,
Taschenbuch 14,80 €,
ISBN 978-3-9807699-9-0,
Bestellung hier klicken



Donnerstag, 5. Dezember 2013

Das Düsseldorfer Siegertreppchen. Wie wir alle im Rahmen der Special Olympics 2014 Kultur fördern können.





„Das Düsseldorfer Siegertreppchen“ - unser neues Jason Rø Projekt im Rahmen des städtischen Kulturprogramms zu den Special Olympics 2014 in Düsseldorf.

Unsere Edition ist eine Unterstützungskampagne die alle Düsseldorfer anspricht, um die Idee von Teilhabe, Toleranz und Gleichberechtigung der neben uns lebenden geistig behinderten Menschen mehr in den Focus der Öffentlichkeit zu tragen. Erdacht und umgesetzt im Sinne der Inklusion als Kunstprojekt und Öffentlichkeitsarbeit zugunsten des städtischen kulturellen Rahmenprogramms der Special Olympics 2014 für Menschen mit geistiger Behinderung in Düsseldorf.

Düsseldorfer Siegertreppchen. So heisst die kreative Umwandlung der olympischen Symbole in ein einzigartiges Möbelobjekt. Siegertreppe und Fahnen wurden zu einem denkwürdigen Kultmöbel mit zwei Sitzplätzen. Wo sonst nur einzelne bejubelt werden, sind jetzt zwei Sitzflächen auf gleicher Höhe entstanden. So kann ein Gespräch beginnen! Dort wo sonst der einsame Sieger steht, ist jetzt Platz für gemeinsame Spiele und eine Aufbewahrungsbox.

In Zusammenarbeit mit Künstlern und Designern mit und ohne geistige Behinderung wird jedes Siegertreppchen neu gestaltet. Im Bild oben z.B. wurde es von Markus Hellmann bemalt, aus dem offenen Atelier Studio 111,  Haus St. Josef. Gebaut werden die Objekte in Düsseldorfer Werkstätten für Behinderte. Jedes Siegertreppchen ist somit ein Unikat und Ergebnis gemeinschaftlichen Wirkens.

Der Sinn: das Möbel ist ein repräsentables Symbol für Foyer, Firma, Flur oder Zuhause und soll erworben werden. Mit den Sponsoring-Einnahmen werden inklusive städtische und zusammengehörige Kulturprojekte im Rahmen der Special Olympics für geistig Behinderte 2014 in Düsseldorf umgesetzt. Auf diese Weise können so wichtige Kulturprojekte für und mit geistig behinderten Menschen stattfinden. Alle Förderungen werden im Rahmen unserer Gemeinnützigkeit öffentlich gemacht.

Wir hoffen, daß die Siegertreppchen in Düsseldorf viele verbindende und lebendige Projekte zu Toleranz und Teilhabe geistig behinderter Menschen möglich machen können.
Für Spenden ab 1500.– EUR gehört ein Düsseldorfer Siegertreppchen Ihnen.
Werden Sie Teil der Bewegung zu den Special Olympics 2014 in Düsseldorf.
Machen Sie mit. Die mit Ihrer Hilfe entstandenen Siegertreppchen werden nach den Special Olympics in einer grossen Ausstellung gezeigt und publiziert.
Förderer, Unterstützer und fördernde Firmen werden auf Wunsch in Publikationen und auf entsprechenden Internetseiten genannt.

Wir arbeiten mit unserem gemeinnützigen Verein zusammen mit der an Nachhaltigkeit orientierten und zertifizierten GLS Bank in Bochum zusammen.

Bei entsprechenden Spenden bitte Ihre Adresse nicht vergessen
und das Stichwort: „Düsseldorfer Siegertreppchen“
Kontoname: Jason Rø e.V.
BLZ 430 609 67
Konto 40 66 249 800
GLS Bank Bochum
Oder rufen Sie uns einfach an. Wir freuen uns darüber und beantworten gerne jede Ihrer Fragen. Schauen Sie doch auch mal auf unserer Homepage vorbei: www.jason-ro.de

Wir begrüßen mit dem Kooperative-Store am Cranachplatz in Düsseldorf-Flingern unseren ersten Verkaufspartner für das Düsseldorfer Siegertreppchen.

Donnerstag, 10. Oktober 2013

Jason Rø, Carsten Reinhold Schulz und das europäische Forum Outsider -Kunst

Stand Jason Rø, Carsten Reinhold Schulz mit der Fahne aus der
Fotoserie „Künstler, wollt ihr ewig leben?“, 2013
und Bilder aus dem Studio 111


Das internationale Forum für Outsider-Kunst mit dem Titel „2x2“ ist am 6. Oktober 2013 zu Ende gegangen. 
Beinahe zwei Dutzend offene und geschlossene Ateliers, Gruppen, Klinikbereiche, pädagogische Einrichtungen und Galerien hatten sich in der Alexianer Kunsthalle Kannen in Münster eingefunden, zwecks informativen Austauschs und um die verschiedensten Ansätze, die eine Beschäftigung mit Formen der Kunst und Kreativität in diesem Bereich zeitigt, diskutieren zu können. Natürlich konnten auch Bilder oder Objekte der Outsider Art gekauft werden.
Aus den annähernd gleichen Gründen habe ich, resp. der Verein Jason Rø, einen der zwei mal zwei Meter großen Stände erhalten: um die Chancen einer mit sozialem und politischem Engagement aufgeladenen Künstlerrolle beleuchten zu können.
Letztendlich steht man jedoch wieder, sattsam bekannt und aller entwickelten Theorie zum Trotz, an einem weiteren Stand auf einer Kunstmesse, die sich kaum von einer der vielen heutigen Kunstmessen unterscheidet. Einerseits hört sich das wie die herbeigesehnte Inklusion an, als sei durch die Ununterscheidbarkeit jede inklusive Vorgabe schon erreicht, anderseits fällt auf, wie breit gestreut die Outsider-Kunst sich heute darstellt und wie wenig städtisches Publikum jenseits der einschlägig orientierten Fachbesucher sich auf dem schönen und gastfreundlichen Gelände der Alexianer vor Münster einfinden.
Dabei ist diese Messe so etwas wie eine europäische Chance. Hier kann man, mit kompetenten Gesprächspartnern, Entwicklungen der sogenannten Outsider-Kunst auf einer überschaubaren, offenen Ebene vorantreiben und Künstler und Ateliers, z.B. als passende Kooperationspartner, finden.
Gerade die Presse versteht es jedoch noch immer nicht, neben ausgedünnt wirkenden Sachinformationen das Thema umfassend und halbwegs Interesse weckend zu behandeln. Zu tief sitzt wohl die Angst das falsche Wort zu finden.
Zu schwer ist offenbar die journalistische Aufgabe feuilletonistische, soziale und menschliche  Zusammenhänge versiert unter einen Hut zu schreiben. 

Noch erscheint die aktuelle Outsider-Kunst als ein prosperierendes, weil europäisch gefördertes Feld von Inklusionsabsichten. Ebenso ist es ein noch ungeliebtes, eher argwöhnisch beäugtes Stiefkind des Kunstbetriebs.
Zudem macht sich Unsicherheit breit, weil gerade der Begriff Outsider-Kunst, mal als Übersetzung des sehr differenziert gemeinten „Art brut“, von Dubuffet erfunden, mittlerweile ein Spektrum an Teilnehmern entwickelt, bei dem Autodidakt und Therapiezentrum sich ebenso Zuhause fühlen möchten, wie es malende Krebskranke, Autisten oder Menschen mit geistiger Behinderung tun sollen. Eine wildes Sammelsurium, möchte man meinen (warum eigentlich nicht?), zeigt sich jedoch gerade anhand dieser Tatsache, wie sehr ein, alle Plattformen überspringendes, Gespräch gebraucht wird, dass eine uferlos wabernde, zu wenig kritisch hinterfragte „Kunst“ im Allgemeinen auf ein gesellschaftlich benötigtes aktuelles Niveau heben könnte. Fragen gäbe es eindeutig genug.
Zur kritischen Auseinandersetzung würde zum Beispiel der Standpunkt gehören, dass die europaweite Förderung von Teilhabe, Eingliederung oder Outsider-Kunst, sich nicht gerade in Deutschland im Buhlen um Deutungs- und Repräsentationshoheiten von immer mehr repräsentativen Hilfsorganisationen und einer wachsenden Zahl darin eingebundener Kuratoren erschöpfen sollte.
Denn diese Gefahr besteht, spätestens wenn jede Kommune das Werbepotential hinter dieser, wie für das Kulturmanagement geschaffenen Idee, erkannt haben sollte. (Über die aus der Zeit gefallene Schwierigkeit die Düsseldorf mit Künstlern mit geistiger Behinderung hatte, wurde einige Blogbeiträge vorher bereits ausführlich berichtet.)
Auch wenn es, wie immer, einzelne Persönlichkeiten sind, die jeden Fortgang der Dinge mit viel Herzblut vorantreiben, wünsche ich mir deutlich mehr Mut zum Gespräch und zur Innovation. Zudem habe ich die Hoffnung, dass sich wichtige gesellschaftliche Gemeinsamkeiten über die Outsider Art bemerkbar machen können, nicht zuletzt um gemeinschaftlich geschützt werden zu können. Dazu ist Solidarität gefragt und nicht das Abstecken von Claims.
Jason Rø e.V. ist aktiver Teil der Recherche zur sozialen Kraft in der Kunst.
www.jason-ro.de

Carsten Reinhold Schulz

Freitag, 6. September 2013

ArtBeatsBrut - Der Film über Outsider-Art in Düsseldorf

Nach Jahren der Ausgrenzung in Düsseldorf: die Teilnahme von Künstlern mit
geistigen oder psychischen Behinderungen ist endlich bei den offenen Ateliers
„Kunstpunkte“ angekommen,wenn auch nach künstlerischen und politischen
Interventionen durch das Konzeptkunst-Projekt ArtBeatsBrut und den
 gemeinnützigen Jason Rø e.V.





















Erstaufführung.
Ein kurzer Film über Outsider Art in Düsseldorf

„MICH MACHT WAS KUNST MACHT“ 
A short film by Carsten Reinhold Schulz
Voice: Dieter Brandecker
Music: Das zweite Feld
Production: HIPSHOOT-FILM, Flingern

OFF Raum  /  Kunstpunkt 84 / at Studio 111
Kalkumer Straße 60, Düsseldorf-Unterrath
Film und table talk: 19.00 Uhr, 2013, September, Friday 13 


Anlässlich der erstmaligen Beteiligung eines Outsider-Ateliers – nach vielen
Jahren vergeblicher Versuche – bei den Düsseldorfer Kunstpunkten 2013,
geht der Konzept-Künstler und Initiator der Projekte ArtBeatsBrut und Jason Rø e.V.,
einigen Tendenzen innerhalb der sogenannten Outsiderkunst und ihrer
gesellschaftlichen Akzeptanz, mit dem Fokus auf die Kunststadt Düsseldorf,
filmisch nach. Ein informativer Einblick und unterhaltsamer Denkanstoss zum
Thema Art brut, der ohne öffentliche oder private Förderung realisiert wurde.


English translation
On the occcasion of the first ever participation of an outsider art studio, at 2013
Duesseldorf „Kunstpunkte“, concept-artist and founder of such projects like
ArtBeatsBrut and Jason Rø e.V., made a short film about some tendencies within
the Outsider Art and its social system acceptance  - focused on a city like
Duesseldorf. An informative and entertaining insight for thought on art brut.
Produced without public or private funding.

Mittwoch, 22. Mai 2013

Hans Peter Riegel will Beuys ausfegen.


 
Herr Riegel versucht sich an Herrn Beuys.


Unklare Grenzen, Interpretationen

Es macht offensichtlich keinen Sinn, bei den historisch genannten Findungen Hans Peter Riegels in seinem neuen Beuys-Buch, über einzelne Aspekte im Lebenslauf von Joseph Beuys, wie seine sowieso nie im Unklaren gewesene Nähe zur Anthroposophie oder das Fehlen (sic!) einer Matura zu debattieren. Wir wollen da nicht, wie in Interviews zum Thema hinlänglich bezeugt, alles in einfachster Manier vermengen ...

Zu den Gesetzmäßigkeiten im Leben berühmter Persönlichkeiten gehört es, dass irgendwann, quasi wissenschaftlich arbeitende Gutmenschen auftauchen, die mit Methode vom öffentlichen Niedergang eben dieser Persönlichkeit profitieren wollen. Herr Riegel ist wohl ebendort ein Künstler, der seine großen Zeiten als Texter und Unternehmensberater, u.a. für die Werbe- und Entertainmentbranche in den 80er und 90er Jahren wohl hinter sich hat. Gelernt ist jedoch gelernt.


Ungebremste Rache?

Die Seitenhiebe auf Eva Beuys-Wurms und ihre vom Autor explizit negativ herausgestellte Deutungshoheit machen nicht nur klar, dass Herr Riegel auf vielen Ebenen gut informiert scheint, sondern auch eine bewusst aggressive, möglicherweise sehr persönlich motivierte Zerstörungsabsicht, in diesem Fall schlecht verdeckt, warum auch immer, mit sich herum trägt.

Jene, in Interviews stets besonders kenntlich gemachte Wissenschaftlichkeit in der Buch-Recherche erweckt zeitig den hohlen Klang einer unangreifbaren und damit ungebremsten Rache.

Das wäre als Motiv zumindest emotionaler einzustufen als profanes finanzielles Kalkül, eines sich besonders gerne am, bereits als besonders kontrastreich einzustufenden, persönlichen Leben von Künstlern wie Immendorf und Beuys erregenden Autors.

Aber selbst das ist als schlichte Methode der Yellow-Press hinlänglich bekannt und für jeden gesunden Menschenverstand so zu bewerten.


Den Beuys Raum ausfegen

Autoren wie Riegel und die immer neue Opfer benötigende investigative Presse vergessen, dass des Autors akribische Recherche zu Schlussfolgerungen führt, die widerum beliebte aktuelle Klischees und Ressentiments gegen Künstler im Allgemeinen und Beuys im Besondern bedienen.

Mit dem Besen der Investigation fegt Herr Riegel den Raum Beuys aus aber der aufgewirbelte Staub zeigt eigentlich nur, wie nebulös Arbeit, Leben und Werk von Beuys in der Öffentlichkeit diskutiert worden ist und wie miserabel eine mit Veränderungsabsicht angetretene Kunstform in unserer Demokratie verortet wird. Da ist eine persönliche Demontage immer leichter zu bewerkstelligen, als der Versuch von Kunsthistorikern Werk, Leben und Material in sensibler Weise zu beleuchten und für alle verständlich zu machen.



Der offene Weg Beuys

Joseph Beuys war offenbar zu Lebzeiten als Mensch und als Künstler zu einer sehr besonderen Reise aufgebrochen, die Herr Staeck kürzlich in einem Interview mit „sehr offen für Alles“ beschrieb.

Eine solche, auf das Leben neugierige Haltung, die eine zutiefst künstlerische ist,  passt denkbar schlecht in den gegenwärtigen gleichmachenden Kanon von Gut und Böse und war von jeher angreifbar. Sie entspricht einer mutigen aber diffizilen Haltung mit Ecken, Kanten, Reibung, Regung – Dinge, die von vielen beklagt, in unserer Gesellschaft schmerzlich vermisst werden. Heute steht man, gerade wenn es etwas zu verkaufen gilt, offenbar besser auf der Seite der etwas einfacher strukturierten, geglätteten Ansichten, wie eben die Herrn Riegels. Da passen Besonderheiten, menschliche Veränderungsabsichten, Theorien, künstlerische Wagnisse, politische Visionen, Experimentelles (wie die Anthroposophie) und der Anspruch auf eine eigene existentielle Wahrheit offenbar nicht mehr dazu.



Das reaktionäre Weltbild H.P. Riegels
Die Politik Frau Merkels verdeutlicht mit ihrer Attitüde einer politisch einseitig orientierten Sachgebietsleitung auch die kulturelle Lage in Deutschland.

Ins gleiche, kulturell gleichgeschaltete, Horn bläst nun der Autor Riegel.

Seit wann aber geht es im Leben eines Künstlers um demokratische Weltanschauung oder die richtige Gesinnung? Seit wann soll ein Künstler ein anständiges oder nur ein korrektes Leben führen? Um nach dem Tod nicht angreifbar zu sein? Und wer bestimmt das? Vielleicht Herr Riegel?

Er versucht es offenbar und das ist – immer noch – das Gegenteil einer freiheitlichen Weltanschauung.

Wir erleben im Wirken Herrn Briegels ein klassisches Stück reaktionärer Politik in der Fortsetzung eines alten Titels der Bildzeitung über eine Aktion von Joseph Beuys:

„Der Professor lag der Länge nach in Margarine.“

carsten reinhold schulz, 20.05.2013

Dienstag, 14. Mai 2013

ART BEATS BRUT BIlder, Projektionen, Bands, Texte




Unterstützen Sie das Düsseldorfer Non-Profit Projekt zu Solidarität, Inklusion und sozialer Kraft in der Kunst durch Ihr Kommen!

Mit Bildern, Installationen, Fotografien, Projektionen, Livemusik, Lesung und DJ-Outsider Disco werden Begriffe wie Solidarität und Inklusion in Zusammenhang mit gesellschaftlichen Normen und Ordnungsprinzipien gebracht und diskutiert.



Arbeiten und Beiträge von Mischa Kuball, Thomas Bayrle, Andrej Dureika,Ralf Brög, Felix Droese, Carsten Reinhold Schulz, das Künstlerpaar Kuznetcowa / Edisherov und Fritz Schwegler beleuchten und hinterfragen Perspektiven sozialer Verantwortlichkeit in der Kunst. 


Als Musiker mit international legendärem Ruf engagieren sich Jaki Liebezeit
und Dominik von Senger
im Projekt, genauso wie der Ausnahme-Sprecher
Axel Grube mit einer Lesung der Wortfinder-Autoren.

Die Künstler der Outsider Art kommen aus dem Alexianer Kunsthaus Kannen in Münster: Falco Tietz, Werner Padberg, Fritz Tobergte und dem Studio 111, Haus St. Josef in Düsseldorf: Silvia Fuchs und die Live-Band „Waschkaue“, Markus Hellmann und Ingeborg Close. 

Der Düsseldorfer Autor und Konzeptkünstler Carsten Reinhold Schulz und der Verein JASON RØ e.V. haben für das Projekt eine hochkarätige Mischung aus Autoren, Bands und bildenden Künstlern mit und ohne geistige/psychische Behinderung in den im Umbau befindlichen Gerresheimer Kultur-Bahnhof in Düsseldorf eingeladen.  
Die Texte der Autoren mit geistiger Behinderung stammen aus edeutschlandweit durchgeführten Wettbewerben und Aktionen der Wortfinder e.V., Bielefeld.




Für ein ausgewogenes kulinarisches Angebot sorgt Outside Peter Inhovens
Wurst-Zirkus.



Eröffnung:

7.Juni 2013, 19.00 Uhr

Gerresheimer Bahnhof, 40625 Düsseldorf, Im Brühl

ÖPNV: Endstation Bahnlinie 703 und S-Bahnstation Gerresheim





Mittwoch, 27. März 2013

Ein Schritt nach vorn: Die erstmalige Beteiligung Düsseldorfer Künstler mit geistiger Behinderung am offiziellen Kunstgeschehen steht fest.

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Gut für die Kunst, gut für Düsseldorf.
Die seit langem drängende Frage, warum die Künstler des Studio 111 bisher nicht an den Düsseldorfer Kunstpunkten teilnehmen durften, konnte jetzt aufgelöst werden. Über neun Monate lang hatte die fatale Sachlage diesen Blog als Künstler-Initiative auf den Plan gerufen, sie war Initialzündung zur Gründung des gemeinnützigen Vereins JASON RØ e.V. und auch der NRW Landesbehindertenbeauftragte wurde involviert. Vieles war unklar, wenig in Bewegung. 
Kriterien
Dabei ging es uns nicht darum, unter allen Umständen Menschen mit einer Behinderung in ein Kultur- und Prestige-Projekt der Stadt zu integrieren.
Ziel war es, das Bild des Künstlers in der Öffentlichkeit differenziert zu diskutieren und deutlich zu machen, das die gestellten Kulturamts-Kriterien für eine Teilnahme an den „Kunstpunkten“ unter keinen Umständen für Künstler mit einer geistigen Behinderung gelten dürfen.
Denn: obwohl in der Regel natürlich kein Akademieabschluss, wie gewünscht,  bei diesen Künstlern vorliegen kann, muss man dennoch von eindeutiger Künstlerschaft sprechen. Das tun ohnehin bereits Düsseldorfer Kunsthistoriker wie Werner Alberg, das tun viele andere Künstler, das zeigen regelmäßige Ausstellungen – auch in Museen. Kompetenz und Solidarität waren sichtbar.
Kunst und soziale Verantwortung
Die Künstler des offenen Ateliers Studio 111 nicht zu beteiligen, bedeutete nicht nur einen fahrlässigen Umgang mit der sozialen Verantwortung und dem Image öffentlicher Institutionen, sondern das Vorgehen negierte in Teilen auch Erkenntnisse der Kunstgeschichte und einen mittlerweile weltweit geltenden Konsens zu diesem Thema.

Erste Formen der Annäherung
Die Lösung brachte vor wenigen Tagen endlich ein gemeinsames, themenbezogenes Gespräch im Kulturamt.

Von der Kulturamtsleitung wurde somit die Teilnahme der Künstler des Studio 111 bei den 2013er Kunstpunkten in einer vorläufigen Gastrolle vorgeschlagen und zugesagt – eine Art priviligierter Partnerschaft – die zwar noch die Idee des Testlaufs in sich trägt, aber eindeutig einen ersten wichtigen Schritt markiert. 

Grosses Interesse an sogenannter Outsider Art
Das interessierte Kunst-Publikum kann im September dann auch in Düsseldorf erkennen, was weltweit für immer größeres Interesse sorgt: die diffizilen Kunsttechniken und Lebenswelten von Künstlern mit geistigen und psychischen Einschränkungen.

Hier erscheint ein uns zugehöriger, aber ebenso eigener Kosmos, der auch in dieser Stadt zu neuen Gesprächen und wichtigen Einsichten führen wird.

Die Kunst, die Künstler und die Stadt Düsseldorf werden von dieser neuen Form der Offenheit und Toleranz in jedem Fall profitieren.
Konzeptuelle Begleitung

Die jetzt von uns erreichte, erstmalige Beteiligung von Künstlern mit geistiger Behinderung an den Kunstpunkten, wird in Kooperation mit dem Kulturamt von mir als Künstler und dem Verein Jason Rø e.V. in Form eines Projekts zu Kunst und sozialer Verantwortlichkeit konzeptionell begleitet. 

Wir freuen uns auf Kommentare und Anregungen in der Kommentarfunktion. 
Danke.
Carsten Reinhold Schulz
 


Montag, 28. Januar 2013

Zur Ausgrenzung geistig behinderter Künstler in Düsseldorf.

„Überkeile 1“, 2011 Collage, Tusche, Karton,
Projekt: Zur sozialen Verantwortlichkeit der Künstler, Das Zweite Feld




Endlich Antwort
Das vom Büro des Behindertenbeauftragten des Landes NRW an uns weitergeleitete Schreiben vom Kulturamt (Text in voller Länge: siehe vorherigen Blog-Eintrag) bildet eine sehr nachdenkenswerte und erstmalig schriftlich fixierte Grundlage für die offizielle Definition des Künstlerbildes in Bezug auf das Themenfeld Inklusion, Kunst und Behinderung in Düsseldorf.  

Kunst, nicht Therapie
Nachdem der Düsseldorfer Kunsthistoriker Dr. Werner Alberg bereits 2003, im, vom Stadtmuseum (sic!) herausgegebenen Ausstellungs-Katalog über das betroffene Studio 111, die eigenständige Künstlerschaft der dort arbeitenden Menschen ausdrücklich betont und die pädagogische Ausrichtung verneint, bezeugt die jetzt vorliegende Antwort der Kulturamtes die tatsächliche Ausgrenzung der Künstler wegen Ihrer Behinderung.  

Alle Erfordernisse sind vorhanden
Da die Künstler sowohl auf eine regelmäßige Ausstellungstätigkeit verweisen können, wie auch auf diskursbezogene Ausstellungen und sogar kunsthistorische Texte zu ihren Arbeiten vorhanden sind, ist ihnen die erforderliche Künstlerkarte nicht vorzuenthalten. Künstlerschaft mit geistigen Erkrankungen und Einschränkungen ist seit langem wichtiger und oft exemplarischer Teil kunsthistorischer Entwicklung gewesen. Diese Künstler, wie im Brief des Kulturamts geschehen, als nicht relevante Hobby-Akteure praktisch zu diffamieren ist fahrlässig und stellt den Begriff des „Veranstaltungsprofils“ über die eigentlichen Akteure – die Künstler. Die Auswahlkriterien auf einen zeitgemäßen Stand zu bringen könnte so einfach sein.

Vereinfachte Arbeitsmethoden als Grund für Ausgrenzung?
Organisatorische Vereinfachungsmethoden des Kulturamts sind als Grund für eine Ausgrenzung Behinderter so wenig geeignet, wie der Hinweis auf die langjährige Finanzierung des städtischen Image-Projektes „Kunstpunkte“. Die jetzt deutlich belegbare Ausgrenzung dieser Menschen tritt nicht nur dem Gedanken der Inklusion kontraproduktiv entgegen, sondern sie negiert unverständlicherweise viele Entwicklungen der Kunstgeschichte selbst.
Man möchte kaum glauben, dass der Absender des Schreibens tatsächlich das Kulturamt Düsseldorf ist.  

Was sagen die Kunstinteressierten eigentlich?
Die organisatorische Grenze, die das Amt, aus seiner Sicht verständlicherweise, versucht zu ziehen, ist leider weder argumentativ gestützt, noch ist sie weiter zumutbar. Ein Bezug zur Meinung des kunstinteressierten Publikums fehlt dabei völlig. Als Verein JASON RØ e.V. zur Förderung der Art brut werden wir zusammen mit diesem Blog und hoffentlich viel Solidarität versuchen, ein noch breiteres öffentliches Interesse zum Thema zu erzeugen.

 Öffentliche Abstimmung
Dieser Blog schlägt dafür eine öffentliche Diskussion und Abstimmung als denkbares Modell vor. Geht es doch um nicht weniger als die offizielle Einschätzung zum Rollenverständnis von Künstlern im Allgemeinen – und um ihre Nutzbarkeit für kulturell gefärbte, städtische Imagekampagnen. Von Inklusion ganz zu schweigen.
 Der Mensch gehört in den Mittelpunkt.

Carsten Reinhold Schulz
„Der Künstler als Kritiker“

Düsseldorfs Reaktion zur Ausgrenzung geistig behinderter Künstler




































Die gemeinsame Anfrage dieses Blog-Projekts und des gemeinnützigen Vereins JASON RØ e.V. zur Ausgrenzung der geistig behinderten Künstler des Studio 111 in Düsseldorf hat ein erstes Ziel erreicht.

Auf Druck des Behindertenbeauftragten des Landes NRW, erreichte uns heute, nach vielen Monaten Wartezeit, die erste Stellungnahme des Kulturamts der Stadt Düsseldorf in einer mail. Der offenbar nicht unterzeichnete, offizielle Text hat folgenden Wortlaut und wird hier ohne Änderungen oder Kürzungen eingestellt:

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"Das Kulturamt der Landeshauptstadt Düsseldorf koordiniert und finanziert seit nunmehr 16 Jahren die alljährlich stattfindende Aktion "KUNSTPUNKTE" - Offene Ateliers in Düsseldorf. Die Aktion ist sehr erfolgreich und findet einmal jährlich an zwei Wochenenden im August/September statt. Es sind zumeist ca. 500 Bildende Künstlerinnen und Künstler beteiligt.
Die Teilnahme an den Kunstpunkten ist an die Bedingung geknüpft, dass die Künstlerinnen und Künstler im Besitz einer Künstlerkarte sind, die das Kulturamt an hauptberufliche, professionelle (z.Abschluss einer Kunstakademie, regelmäßige Ausstellungstätigkeit im arrivierten Kunstbetrieb) Künstlerinnen und Künstler vergibt. Es gibt in jedem Jahr zahlreiche Anfragen von Hobbykünstlern und von verschiedenen Einrichtungen (Malschulen für Kinder und Erwachsene, Kreativitätskurse etc.), die immer abgelehnt werden müssen, da ansonsten das Veranstaltungsprofil aufgeweicht würde. Es geht bei den Kunstpunkten darum, einen repräsentativen Querschnitt über das aktuelle professionelle Kunstschaffen in Düsseldorf zu zeigen.

Das Studio 111 ist eine Behinderteneinrichtung, in der mit kreativen Mitteln therapeutisch gearbeitet wird. Die Behinderten sind aber keine Künstler, sodass eine Teilnahme an den Kunstpunkten nicht möglich ist."


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Da den Künstlern des Studio 111 von Seiten des Düsseldorfer Kunsthistorikers Dr. Werner Alberg und der Kuratorin Monika Kirchmayr im städtisch finanzierten Ausstellungs-Katalog („Innen und Aussen“, Seite 7, Zeile 1-18, Hrsg.: Stadtmuseum Düsseldorf 2003) die vorrangige Künstlerschaft attestiert wird und eben nicht ihre therapeutische Ausrichtung, wird die tatsächliche Ausgrenzung jetzt überdeutlich.
Ganz zu schweigen von der regelmässigen und relevanten Ausstellungstätigkeit der im Studio 111 arbeitenden Künstler.
Es gibt somit keine nachvollziehbaren Gründe mehr für eine Verweigerung, der zur Teilnahme notwendigen, so genannten Künstlerkarte.

Einen detailierten Kommentar zum Brief finden Sie im nächsten, aktuellen Blogbeitrag.

Samstag, 19. Januar 2013

Düsseldorf: Ausgrenzung von Künstlern mit geistiger Behinderung geht weiter.

Ausgegrenzt: Bilder von Michaela Panilas, Studio 111, Haus St. Josef,
Düsseldorf, in der Ausstellung „Als sei nichts unmöglich“.
Die Ausgrenzung geht weiter
Warum die Künstler des offenen Ateliers Studio 111, Haus St. Josef in Düsseldorf, seit drei Jahren nicht am städtisch organisierten Atelierrundgang teilnehmen dürfen ist weiterhin ungeklärt. Selbst nach vier Monaten gibt es noch keine Reaktionen oder gar Erklärungen von offizieller Seite.

Keine Bewegung des Bürgermeisters
Um die Ausgrenzung von Künstlern mit geistiger Behinderung zu hinterfragen, und, wenn möglich zu beenden, hatte der Vorstand des gemeinnützigen Vereins Jason Rø e.V. einen Brief an den Bürgermeister gesandt und um Aufklärung und ein klares Statement gebeten.
Weiterhin hatte dieser Blog, „Der Künstler als Kritiker“, zusätzlich einen Text, mit ähnlichem Inhalt, als offenen Brief bereits am 14. September 2012 veröffentlicht. In beiden Fällen gab es – bis heute – keinerlei Antwort. Auch die Presse hält sich ungewöhnlich bedeckt.

Der Behindertenbeauftragte des Landes NRW
Mittlerweile ist vom Verein Jason Rø e.V. eine Anfrage an den Behindertenbeauftragten NRW, Herrn Norbert Killewald, zur Klärung der Sachlage und zur Erlangung eines Statements eingereicht worden. Die Einreichung wurde von dort im November 2012 bestätigt. Heute, am 22. Januar 2013, erreicht uns die offizielle Nachricht, das auch das Büro des Behindertenbeauftragten NRW seine Anfrage an die Verantwortlichen Düsseldorfs wiederholt hat, da bis dato keine Antwort eingetroffen ist.
In diesem Zusammenhang ist die Beschlussfassung der Stadt von Mitte Dezember 2012, den Austragungsort der Special Olympics, also die Olympiade für geistig Behinderte nach Düsseldorf zu holen, von besonderem Interesse.

Events und Verantwortung
Auch wenn Events gut sind für die Düsseldorfer Selbstdarstellung, entbindet das keinesfalls vor der täglichen Verantwortng und einer Auseinandersetzung mit Themen der Ausgrenzung, eventueller Tabus und ihre Zusammenhänge zum Bereich der Kultur. Denn auch die offizielle Sichtweise auf den Künstler im Allgemeinen steht hier zur Diskussion und damit auf dem Spiel.
Wir warten weiterhin auf eine schriftliche Stellungnahme.
Wir bleiben dran.


Carsten Reinhold Schulz
und
Vorstand von JASON RØ e.V.
zur Förderung der Art brut
und Künstler mit geistiger Behinderung

Mittwoch, 19. Dezember 2012

Freitag, 14. September 2012

Düsseldorf grenzt Künstler mit geistiger Behinderung aus. Ein offener Brief an den Bürgermeister.

Düsseldorf: Nachholbedarf in Sachen Toleranz?

Nach mehreren vergeblichen Versuchen der pädagogischen Leitung, des im Düsseldorfer Stadtteil Lohausen beheimateten Ateliers Studio 111, an den sogenannten „Kunstpunkten“ teilzunehmen, wurde den zumeist geistig behinderten Künstlerinnen und Künstlern eine Teilnahme an der jährlich stattfindenden Prestige-Aktion des Kulturamts, in diesem Jahr erneut verwehrt. 

Aus Sicht des gemeinnützigen Vereins für die Förderung geistig behinderter Künstler und Art Brut, JASON RØ e.V., spricht die Wiederholung der Ablehnung und damit der tatsächlichen Ausgrenzung deutlich gegen einen Zufall.
Das in Trägerschaft des Deutschen Ordens existierende Haus St. Josef kann bereits auf eine langjährige, unter den Nationalsozialisten ausgesprochen leidvolle, Erfahrung in der Betreuung von Menschen mit geistiger Behinderung zurückblicken.
In dem, zum Haus gehörenden, geräumigen Atelier arbeiten seit Beginn der Gründung im Jahre 1994, unter Anleitung von geschulten Pädagogen, etliche Künstler in verschiedenen Arbeitstechniken.
Obwohl das Studio 111 an Messen und Kunstausstellungen teilnimmt, ist das Kulturamt Düsseldorfs offenbar nicht gewillt, diese intensive künstlerische Auseinandersetzung mit anderen Künstlern gleichzustellen. Schon bei leichtem Nachdenken über das Thema Kunst und Behinderung, kann der fehlende Besitz einer persönlichen Künstlerkarte als Grund für den Ausschluss am öffentlichen Atelier-Rundgang wohl nicht ausreichen.
Mit diesem offenen Brief will der Verein „JASON e.V.“ und das Blogprojekt „Der Künstler als Kritiker“ Bürgermeister Herrn Dirk Elbers und alle Verantwortlichen der Stadt dazu aufrufen, endlich Schritte zu unternehmen, die einem solch intoleranten und rückständigem Betragen innerhalb des städtischen Kulturapparates Einhalt gebieten.

Dringender Gesprächsbedarf ist offensichtlich – gerade im Hinblick auf eine menschliche, weltoffene, kulturaffine Stadt.

Weitere Informationen:


Carsten Reinhold Schulz
Der Künstler als Kritiker 

Donnerstag, 19. Juli 2012

El Greco, die Moderne, Kunstpalast, Düsseldorf

El Greco malte Sankt Martin


El Greco. Wir sind froh, daß wir ihn haben. Den Vielseitigen, den Internationalistischen, den Vorläufer, den von Innen Leuchtenden, den immer mehr Modernen. Den Einzigartigen.
Denn das ist er tatsächlich. Soweit wir wissen.

Wie die Kuratoren der Ausstellung selbst darlegen, ist das Thema El Greco und sein Einfluss auf die Moderne eher ein alter Hut. Vermutlich gerade deswegen wurde der Themenkomplex noch nie umfassend in einer Ausstellung gewürdigt. Auch wenn vor eineinhalb Jahren bereits etwa vierzig Werke El Grecos in Brüssel zu sehen waren. Die eigene, intensive Erfahrung mit vielen spannenden Bildern kann man jetzt im Düsseldorfer Museum Kunstpalast machen.

Der unique Künstler mit dem Titel „El Greco“ ist heutzutage einer der Lieblingsmaler der Kunstgeschichte. Mehr Bezüge, Interpretationen, Verweise und Querverbindungen zur Kunst, die von Byzanz bis in die Moderne hineinreichen, kann es kaum geben: ein Butterbrot der Kunsthistoriker. Ein Liebling der Individualisten.

Geht man ohne jede Voreingenommenheit über eine mögliche Bedeutsamkeit von Künstlern durch die Ausstellung, erfährt man, dass der Maler „El Greco“ bei einem seiner Ernährer, König Philip, als malender Akteur kaum Gefallen fand. Warum? Weil Extremitäten verzerrt sind, ein schablonenhafter Figurenstil zu sehen ist, schlampig gemalte Hände, ein uninspiriert scheinendes hartes Weiss als Lichtsetzung nicht nur wiederholt benutzt, sondern auch mässig ausgeführt wird? Neben schematisch stark vereinfachten Kompositionen, zweischichtigen oder schlichten Perspektiven, einer Comic-haften Körperlichkeit oder grotesk vernachlässigten Nebenfiguren. Deswegen? Wir erfahren was heute zählt: es soll die Expression sein, das innere Leuchten, eine humanistische Grundaussage des Individuellen - kurz und gut: die tiefste Menschlichkeit soll sprechen aus den Bildern, eines, bis in die heutige Zeit hinein wirkenden Meisters. Das möchte auch ich hoffen.

Man hat mir beigebracht Dinge zu hinterfragen, die zeitlichen Bewegungen, Methoden und die Machtverhältnisse, die um die Kunst herum aufscheinen, bei keiner Betrachtung zu übergehen. Heute kann niemand mehr vor einem Bild stehen und behaupten, er wäre nur ein Betrachter desselben. Als vermeintlich aufgeklärter Mensch des 21. Jahrhunderts im Zeitalter des Web ist man unter allen Umständen Akteur geworden.

Es ist somit spannend zu ergründen, warum ein Maler des 16./17. Jahrhunderts nicht nur wegen ungewöhnlicher malerischer Umsetzungen und überraschendem Bildaufbau enthusiastisch gewürdigt wird, sondern in welcher Weise sein nachvollziehbares Steckenbleiben zwischen Ikonenmalerei und dem Einfluss der italienischem Schulen jener Zeit, neben einer unverhohlenen zeichnerischen Schwäche (oder ist es Arroganz?) zu seinem stilbildenden Element wird. Ein Stil, den wir modern nennen wollen, auch wenn die Bilder, ihrem Wesen nach, alles andere als modern sind. Man kann trotzdem nicht umhin, neben den vielfältigen Assoziationen an die Moderne, an James Ensor oder gar an Sandro Chia erinnert zu werden.

Die Bilder El Grecos machen es einem leicht. Denn, sein unterstellt bewußter Verzicht auf die in seiner Zeit geforderten technischen und sinnlichen Merkmale der Malerei, erscheint uns heute in erneut bestätigender, ja, erlösender Formatierung. Als jetzt lebende Menschen, die, nach dem Zerfall der grossen Ost-West-Machtblöcke, wieder von vielfältigen Versuchen der Ideologisierung heimgesucht werden, kommt uns eine emblematisch und plakativ nachvollziehbare Lebensauffasung zur Idee der persönlichen Freiheit gerade recht. Was den Wert einen Künstler in Bezug zu geltenden politischen Idealen setzt.

Die Bilder El Grecos bleiben, allen Überlegungen zum Trotz, ein sehr intensives Erlebnis, dem man sich nicht entziehen will. Die von Cezanne für gute Malerei geforderte „Verschränkung“, ist, dem Erlebnis zum Trotz, in den Orginalen El Grecos weit weniger sichtbar als in den farblich verstärkten Print und Web-Abbildungen. Es wirkt gelegentlich, als ob sehr viele verschiedene Künstler am gleichen Bild gearbeitet hätten. Die Hintergründe wirken eher plump, die Methoden so sehr vereinfacht, das man sie hauptsächlich wegen der permanenten Wiederholungen zum Stil erklären muss. Die Mittel lassen sich an den Fingern einer Hand aufzählen. Beinahe wird eine Abstufung in der Aufmerksamkeit des Künstlers gegenüber seinen Sujets erkennbar: am meisten sinnliche Freude machte ihm offenbar der Faltenwurf und die grosse Freiheit zur Farbe bei den Umhängen der gemalten Personen, danach kommt die Ausarbeitung der zentralen Portraits, dies entspricht der Idee des Ikonenbilds. Soweit seine Spezialitäten – blasphemisch ausgedrückt. Als alleingelassene Einzelteile tauchen dann Symbole auf, die den inhaltlichen Bezug des Bildes auf einfache Art verständlich machen (siehe: die offenbar als Massenware gedachten Bilder der Franziskaner). In einem anderen Bild ist es die Obstschale, die dem kindlichen Jesus dargeboten wird. Sie fällt auf eine beinahe unangenehme Art aus dem Bild heraus, so vollständig trennt sich diese Umsetzung vom Rest des Dargestellten. Ein Kunstgriff oder doch ein anderer Maler?
Mit besonderem Respekt habe ich in einer Führung durch die Ausstellung vernehmen dürfen, daß El Greco die Malereien in der sixtinischen Kapelle als „schlecht gemacht“ bezeichnete und sich angeboten hat, die dortigen Arbeiten Michelangelos zu übermalen.
Auch eine erhellende Perspektive auf einen in jeder Hinsicht einzigartigen Künstler.
Ich glaube, ich bewundere ihn.




Montag, 16. Juli 2012

Zwielichtiges Aufsichtspersonal bei El Greco trifft Gert Kaiser?

Museum Kunstpalast: Aufsicht mit Aussicht?

Mehrfach wurde mir davon berichtet, jetzt durfte ich es am eigenen Leib erfahren: das Anzug tragende, aber militaristisch agierende Ausichtspersonal, im von Generaldirektor Beat Wismer bespielten Düsseldorfer Kunstpalast, scheint nicht nur von handfesten Machtgefühlen beseelt, sondern neigt offenbar zu persönlichen und leicht gewalttätigen Übergriffen.

Unseriosität
Im Bereich der Verwaltung/Presse des Museum Kunstpalast war bereits gegen 14.00 Uhr niemand mehr anzutreffen. Das ist grundsätzlich schade. Als Mitglied des Deutschen Fachjournalisten Verbands bekommt man dankenswerterweise freien Eintritt und auch beste Wünsche des wirklich freundlichen Kassenpersonals, ein kompetenter Ansprechpartner ist jedoch im laufenden Museumsbetrieb nicht aufzutreiben.
Um etwas über die Ausstellung „El Greco und die Moderne“ in diesem Blog illustrieren zu können, habe ich, ohne jede Heimlichkeit, mit dem Mobiltelefon ein situatives Foto des Innenraums gemacht. Es war eine bewußt unklare Bilder-Spiegelung im Fussboden. Daraus entwickelte sich ein sehr aggressives Verhalten eines Mitarbeiters des Sicherheitsdienstes, der durch sein nötigendes Verhalten nicht nur tatsächlich in meine Persönlichkeitsrechte als Mensch, Journalist und Künstler eingedrungen ist (diese Nötigung machte ihm ganz offensichtlich große Freude), sondern später mit einem starken Rempler auch körperlich übergriffig wurde. Dies dürfte hoffentlich auf der Videoüberwachung des Museums aufgezeichnet worden sein. Mein Bild habe ich wegen der sich anbahnenden Eskalation gelöscht, aber der Effekt für das Museum verpufft natürlich, denn viele befreundete Künstler haben aus Solidarität mittlerweile Dutzende von heimlichen Bildern und Videos in den Räumen der El Greco Ausstellung gemacht. Was bleibt von einem solchen, überzogenen Verhalten des Personals? Ein Geruch der Unseriosität.

Aufsicht oder Saalschutz?
Natürlich habe ich versucht mich zu beschweren und erneut einen Ansprechpartner des Museum zu finden. Es war jedoch niemand mehr im Haus – außer dem besagten privaten Sicherheitsdienst – dessen Mitarbeiter in ihrem Verhalten und ihren körperlichen Gesten mehr an ein Überfallkommando von „Moskau Inkasso“ erinnerten (denen man eventuell jetzt Unrecht tut), als an eine Hilfe und Aufsicht im Museum. Ich fühlte mich an ausgesprochen schlechte Gangsterfilme erinnert. Für eine umfangreichere Auseinandersetzung mit dem Thema „Kunstwerke und Machtstrukturen“ empfehle ich die Arbeit „Picasso in Palestine“, des 1965 in Hebron geborenen Khaled Hourani auf der jetzt laufenden Dokumenta 13. Besonders interessant wird dieser Umstand, wenn man zuvor über die humanistische Prägung in den Bildern „El Grecos“ nachdenken durfte. Die Museumsaufsicht: die Idee der Professionalisierung wird offenbar deutlich mißverstanden und eine Kunst-Ausstellung die weltweit für Furore sorgen soll, bekommt auf diese Art einen vermeidbar deutlich provinziellen Touch. Großstädtische Gelassenheit sieht irgendwie anders aus.

Prof. Kaiser und die App
Wie kommt es wohl, daß sich der Germanist Gert Kaiser ganzseitig in der Rheinischen Post vom 14. Juli fragt, ob Düsseldorf eigentlich noch cool sei und wie es das wieder werden könnte. Davon abgesehen, ob es tatsächlich erstrebenswert ist, dem veralteten Begriff der Coolness hinterherzujagen, scheint es mir wichtiger, experimentelle Kunst entstehen zu lassen und solche kulturellen Freiräume zuzulassen, die nicht in etablierten Zonen geschehen. In Düsseldorf scheint das später Angesagte jedoch schon vorher feststehen zu müssen. Dabei gilt weiterhin die Aussage auf einer Postkartenaktion der 1990er Jahre:
„Kunst findet statt, nicht umgekehrt“.
Das Problem haben in Wirklichkeit die sogenannten Verantwortlichen der Stadt. Dort existiert ein offenbar großer Druck weltstädtisch sein zu wollen oder gar zu müssen.
Die App des Museums Kunstpalast war dafür als Ausgleich bei meinem Besuch wenigstens eine echte Katastrophe.
Irgendwie uncool ...


(Besprechung der Ausstellung „El Greco und die Moderne“ folgt)

Freitag, 6. Juli 2012

Dokumenta 13. Ein erster Rundgang.

Dokumenta13: Archiv – Reifenregal.


Die weltweit größte Ausstellung aktueller Kunst zu sein ist als Idee eine Gigantomanie.
Sie stammt aus dem Geist konzentrierter westlicher Konsum- und Machttradition, die, als Kunst adäquat gesellschaftlich gespiegelt, dort Ihren bisherigen Sinn bezogen hat. Diese wichtige Einsicht wird durchaus in der aktuellen Gesamtschau reflektiert. Sie macht sich ebenso in der tendenziellen Auslagerung der D13 nach Kairo, Banff und Kabul bemerkbar. Es formieren sich Gegengewichte. Künstlerisch, politisch und sozial.

Carolyn Christov-Bakargiev beginnt Ihren Aufsatz im „Das Buch der Bücher“ damit, daß das sogenannte Rätsel der Kunst darin bestehen würde, daß  „... wir nicht wissen was sie ist, bis sie nicht mehr das ist was sie war.“ Ein schlauer Satz? Oder doch ein Allgemeinplatz? Aus ihrem Verständnis heraus lässt sich auf jeden Fall erklären, welch' prägende Rolle zeitgeschichtliche Bezüge für Frau Bakargiev spielen mussten. Aber rätselhaft soll die Kunst wohl auch bei ihr sein dürfen.

Die Einbindung von Wissenschaft, Philosophie, Anthropologie und vielen anderen menschlichen Tätigkeitsfeldern ist folgerichtig, wenn es darum gehen soll, den Wendepunkten menschlichen Werdegangs zu einer Anschauung zu verhelfen. Aber waren das nicht bereits Forderungen von Joseph Beuys und anderer Künstlern seit den 1970er Jahren? Und ging die Frage nach einer möglicherweise „anthropologisch“ zu nennenden Kunst, eine, die sich über keine anderen Tätigkeiten erheben soll, nicht auch bereits von diesem Kraftfeld aus? Ist die Dokumenta 13 diejenige Ausstellung, bei der die Anthroposophie bei den Kuratoren angekommen ist? Oder geht es bei der ganzen Interdisziplinarisierung, um eine gezielte Einbindung der Kunst in den wissenschaftlichen Kosmos. Geht es gar um weltliche Anerkennung?
Die erste abgebildete Zeichnung (eine Mind-Map v. CCB; sic!) im Buch der Bücher und auch der Raum der Quantenphysik mit seiner übergrossen Kreidetafel erinnert sicherlich bewußt an Teile des Beuysschen Werks, respektive Steiners.
Der Ausstellungsansatz „menschliches Denken nicht hierarchisch über die Fähigkeiten mancher Dinge zu stellen“ (BdB, Seite 31) mutet dann überzogen bis rührend an: darum bemüht, keine mögliche Sichtweise außer acht zu lassen. Offenheit oder fehlende Perspektive?

Wer z.B. Kunst als manipulatives oder manipulierbares Archiv erkennt, wird als Künstler/Kurator oft genug seine Formfindung in diese Richtung laufen lassen. Jede Formfindung hat schließlich auch ihr System.
Bereits die Arbeit mit Archiven, Vernetzungen, Diagrammen, Speichern, Sammlungen und Mind-Maps wird demzufolge schon zum Reingewinn einer, global zu betrachtenden, Kunstauffassung. Der in Beirut geborene Tarek Atoui nutzt dieses Moment mit sehr positivem Beispiel, aber er hält sich bei der Präsentation an die Erfordernisse des Kunstmarktes, der ebenfalls ein manipulierbares Archiv darstellt: seine Maschinen sind in hochwertige, perfekte Schaukästen montiert. Etwas steril gewordene, unangreifbare Erinnerung an eine interaktive Sound-Performance.
Der Betrachter selbst wird auf der Dokumenta zum bespielten Zentrum einer wohlmeinenden und altbekannten Gesellschaftreflektion. Die zugehörige Selbsterfahrung wird in Form eines Mitmachspiels gleich mitgeliefert. Alles scheint so unglaublich berücksichtigt. Vielleicht weil der Gedanke einer unendlichen Ausweitung des bereits erweiterten Kunstbegriffs offenbar vollzogen scheint. Aber die Konsequenzen dieser Ausweitung werden kaum besprochen. Vielleicht zeigt sich hier kuratorische Zurückhaltung als auffächerndes, dienendes und nicht als meinungsbildendes Element?

Tatsächlich darf man sich nicht sicher sein, ob der Quantenphysiker Anton Zeilinger oder der Epigenetiker Alexander Taraskovsky eine ebenso große Offenheit gegenüber der Kunst verspürt, wie die Kunst, in Persona von Frau Bakargiev, für die Beschreibung der Welt durch die Physik oder die Wissenschaft aufbringt. Die Dokumenta ist diesmal ein fragendes Abbild dessen, was gesellschaftlich längst passiert scheint. Wir erleben kreative Misch-Formen als Manifestationen eines sich immer exzessiver öffnenden Kunstverständnisses: im Internet, in Blogs und second life längst ein alter Hut, wird diese Erweiterung mit historischen Komponenten neu verkoppelt und erhält dadurch einen erneut beschreibbaren Kunstkontext. De facto eine Rückholung. Irgendetwas muss ja hinein – in die vielen bespielbaren Gebäude der GmbH.

Der eben beschriebene Kunstkontext stützt und schützt die historisch zu nennende Kunstauffassung, die ein, sich wandelndes, Künstlerbild beinhaltend, vor der Leere oder gar der in Aussicht gestellten Löschung der Kunst (Kunst kann jedoch nicht verschwinden, Anm. des Autors). Was Kunst heute notwendig gebrauchen könnte, wäre eine Definition des Künstlerbildes, um die Kunst als Tabuzone der gesamtgesellschaftlichen Auseinandersetzung endlich aufzuheben.
Das sollten Künstler solidarisch selbst tun. Manche sind in ihren Überlegungen eindeutiger als Frau Bakargiev.
Zum Beispiel die 1956 geborenen Claire Pentecoast, die auf Ihrer Website mit dem wegweisenden Titel THE PUBLIC AMATEUR Projekte fördert, die sich „ ... aus Motiven speisen, die über die eigene Karriere hinausweisen". In Pentecoast zeigt sich ein neuer Künstlertypus, der bereit ist, sich öffentlich und unter Zuhilfenahme alter und neuer künstlerischer Produktionsformen, mit Wertebegriffen und ihren möglichen Ausformungen auseinanderzusetzen. Aus demselben Grund sei auf das Kunst- und Blogprojekt „Der Künstler als Kritiker“ hingewiesen, das Sie soeben lesen.

Sich in Frage zu stellen ist ein Gebot der Stunde. Verantwortung zu übernehmen ist ein Gebot der Stunde. Dazu gehört offener Zugang zum Wissen und ein dezenter Wille zum Übergriff.


Eine Fahrt nach Kassel ist derzeit sehr empfehlenswert.
Aktuellste Kunst und Methoden substantieller Verschiebung sind dort vorzufinden.



©crschulz, duesseldorf, 5.7.2012


Mehr Vorträge, Lese-Performances, Filme des Künstlers:
Die Drift des Künstlerbildes.

Freitag, 29. Juni 2012

Die Dokumenta in Syrien


Homs. Satellitenbild (Quelle:sda)

Mit einiger Sorge beobachte ich die Methoden und Nachrichtentechniken im Konflikt um Syrien, der jetzt ein Krieg ist. Da ich kein Freund repressiver Regimes bin, halte ich mich doch genauso wenig für einen Freund von Desinformation oder untransparenten Halbwahrheiten.
Man muss sich fragen, wer vom dortigen Konflikt letztlich profitiert. Assad darf man wohl ausschließen, die üblichen Profiteure aus Ost und West,  Kriegsmaterialgewinnler und Waffenproduzenten seien auf eine gewisse (leider zynische) Art bei dieser Überlegung bereits verbucht. Wer bleibt?

Die Proportionen der Macht
im mittleren und nahen Osten scheinen sich zu verschieben. Die Demonstrationen gegen das Assad-Regime – eine vorher als berechenbarer Stabilitätsfaktor betrachtete Regierungsform – wurden zeitgleich begleitet von einer einseitigen, weil zumeist unbelegten, Informationsflut zu den immer gleichen Themen: die guten, weil angeblich demokratisch motivierten Demonstranten wurden als die hilflosen Underdogs der dortigen politischen Landschaft gezeichnet – obwohl die Machtverhältnisse nach unabhängigen Umfragen im Land, laut meinen Informationen, mit einem 60:40 Verhältnis zugunsten Assads ausfielen. Ein so gearteter Aufstand gegen eine westliche Regierung würde mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit als ungebührlicher Terror gegen eine demokratisch legitimierte Macht angesehen. Andere Regierungen - andere Sitten?
Die stetig ansteigende Gewalt in Syrien wurde von militärisch konsequent aufgerüsteten Opposoitionsstreitkräften flankiert, die in der Zwischenzeit eine straff organisierte Armee bilden, die den Krieg bewußt bis in die Städte trägt. Seit zwanzig Jahren im schwedischen Exil lebende Politiker tauchen auf und übernehmen unklare, aber wohl bedeutende Funktionen. Die in den Nachrichten berichteten Gewaltformen eskalieren täglich und übertreffen sich an Scheußlichkeit, um in einem angeblich von Regierungstruppen begangenen Massaker, zu einem für die Regierung Assad denkbar schlechten Zeitpunkt, zu gipfeln. Selbst in den Nachrichten von Spiegel-online wird ohne Umschweife von fehlenden Beweisen für diese Anschuldigung gesprochen. Nichtsdestotrotz wird die Meinung weiterhin kolportiert, das Massaker müsse wahrscheinlich (sic!) von der syrischen Regierung verübt worden sein. Nach deutschem Recht ist dies als gern praktiziertes Verfahren der Bild-Zeitung bekannt geworden und nannte sich nicht erst seit Böll: öffentliche „Vorverurteilung“.

Englische Sicherheitsexperten 
verhindern vor wenigen tagen die russische Belieferung Syriens durch Frachtschiffe mit einem versicherungstrick, wegen vermeintlich an Bord befindlicher Militärhubschrauber. Beweise werden nie erbracht, Dementis gehen in der täglich neuen Informtionswelle unter. Die Oppositionstruppen bekommen dagegen offenbar weiterhin ungehindert Material und logistische Unterstützung auch von westlicher Seite. So verhindert man keine Eskalation, so vertreibt man die für eigene Interessen unbeliebt gewordenen Regimes unter dem Deckmantel einer demokratischen Freiheits- und Friedensliebe aus den bis dato dienlichen Ämtern. Auf Kosten vieler hoffnungsvoller echter Demonstranten, die sich vernüftigerweise längst zurückgezogen haben.
Die Informationspolitik westlicher Medien dient sich weiterhin der beliebten Salami-Taktik an. Erste Berichte über Repressalien während demokratisch motivierter Demonstrationen (Stichwort: Arabischer Frühling“) bilden den Anfang der News zu Beginn des Syrien-Konflikts. Sie stehen im Einklang mit der Hoffnung vieler hiesiger Leser auf einen, mittlerweile als Ideologie mißbrauchten, unklaren Freiheitsbegriffs und eine als letzte Weisheit mißverstandene Demokratie. Dann folgt die Umdeutung der „Demonstration“ zum Begriff des „Aufstands“ als vorweggenommenen Inbegriff des Volkswillens, der schliesslich in eine gute „Revolution“ mündet. Selbstverständlich eine Revolution des „arabischen Frühlings“, der in jedem Fall politisch positiv besetzt ist.

Der arabische Frühling 
ist zugleich angsthemmende Hoffnung des Westens auf die ebenfalls politisch genutzte muslimische West- und Weltverschwörung. Eine Art Cheap-Trick-Branding. Jetzt braucht man nur noch ein Regime, bestenfalls personifiziert in einem Diktator, von allen menschlichen Attributen freizusprechen, ein immergleiches Bild eines zum Teufel entstellten Menschen zu zeichnen, der sein Volk ausbeutet, um sich selbst zu bereichern. Zum Vorschein kommt ein Monster, ein Apparat, eine Maschinierie, die zu allen Brutalitäten fähig ist und Foltermethoden anwendet, die zwar auch demokratisch legitimierten Regimes nicht fremd sind, dort aber bei Aufdeckung als peinlicher Einzelfall behandelt werden. Im Zuge westlicher Sanktionspolitik werden Assad Luxusgüter (Trüffel werden explizit erwähnt) gestrichen - die eigentliche Information, die der Öffentlichkeit so bereitgestellt wird ist diese: Assad schmeisst mit Trüffeln um sich, während das Volk hungert und gemeuchelt wird.

Fehlende neutrale Berichterstattung
Die Verdrängung der früher möglicherweise als distanziert erlebten, aber immerhin neutralen Berichterstattung, zugunsten fataler Fernsehsendungen, die sich als Infotainment verstehen, hat unerträgliche Folgen: emotional geprägte Halbwahrheiten werden als Nachrichten zur Beute der Politisierung. In diesem Zusammenhang ist der Bericht des englischen Journalisten Alex Thomson von Channel 4 News interessant, der schwere Vorwürfe gegen die syrischen Rebellen erhebt, von denen er sich mit seinen Freunden geplant in eine Falle gelockt sah, um Regierungstruppen zu diskreditieren. Dazu passt die Information, daß Rebellen die private, aber regierungsnahe Nachrichtenstation „Al-Ikhbariya“ zerstörten und  dort arbeitende Journalisten und Angestellte ermordeten.
Die syrischen Oppositionstruppen sind sich offenbar sehr genau bewußt, wie wichtig es ist, gezielte Informationspolitik zu weltweitem öffentlichen Druck werden zu lassen.
Fakt scheint ebenso, daß es vor allem Rebellentruppen waren, die sich nicht an Annans Friedensplan und den Waffenstillstand gehalten haben. Der Friedensplan hätte Assad und seinen Strukturen genutzt.

Als Gewinner bleiben
die von Katar und Saudi-Arabien mit Waffen und amerikanischer Logistik unterstützen Truppen unklarer Provenienz und der vielzitierte Westen, der immer ein Interesse daran hat, das sich labile bis brisante Staatsregierungen in Bürgerkriege verwickeln. Dann lässt sich wenigstens daran verdienen und die Karten werden neu gemischt. Ganz nebenbei verliert Russland einen wichtigen Militärhafen in der Region. Ob sich die Folgen dieser Umorientierung absehen lassen und kontrollierbar sind, dürfte fraglich bleiben.

Was mich jedoch wirklich interessiert: steht das mit Steuergeldern finanzierte brandneue Dokumenta-Building in Damaskus noch?


©crschulz, 2012, duesseldorf, das zweite feld









Samstag, 26. Mai 2012

Stolperstein Ackerstrasse


„Stolperstein“ auf der Ackerstrasse in Düsseldorf.


Die Stolpersteine des Kölner Künstlers Gunter Demnig erinnern an die Opfer des Nationalsozialismus. Vor ihrem letzten selbstgewählten Wohnort werden die kleinen Gedenktafeln aus Messing in den Gehweg eingelassen. Sand im Getriebe des Vergessens. Mahnung für tägliche, alltägliche Verantwortung. Zu Recht begleiten uns die 10x10 Zentimeter kleinen Tafeln auf Schritt und Tritt. 
Ein Freund legte mir vor einigen Tagen das oben gezeigte Bild in die Dropbox. 
Kommentieren kann man das Photo schlecht. Den Photographen beschlich ganz offenbar ein unheimliches Gefühl beim Betrachten des „Stolpersteins“, der jetzt, von besonders angeordneten Steinen eingegrenzt, sehr unangebracht, das Abbild eines Hakenkreuzes liefert. Oder ist das nur eine Projektion? Eine kaum zu benennende Anmutung? Ein lokaler Flurschaden? Kann das Bild Fragen stellen, z.B. über Leichtfertigkeit oder Nachlässigkeit? Lenkt es den Blick auf eine doppelzüngige Komplexität von Bildern? Muss ich Herrn Demnig einen Brief schreiben? Oder sehen wir vielleicht doch eine stilisierte Rose ...? 




( ©Photo: Axel Wowereit, Düsseldorf, 5.2012 )