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Mittwoch, 22. Mai 2013

Hans Peter Riegel will Beuys ausfegen.


 
Herr Riegel versucht sich an Herrn Beuys.


Unklare Grenzen, Interpretationen

Es macht offensichtlich keinen Sinn, bei den historisch genannten Findungen Hans Peter Riegels in seinem neuen Beuys-Buch, über einzelne Aspekte im Lebenslauf von Joseph Beuys, wie seine sowieso nie im Unklaren gewesene Nähe zur Anthroposophie oder das Fehlen (sic!) einer Matura zu debattieren. Wir wollen da nicht, wie in Interviews zum Thema hinlänglich bezeugt, alles in einfachster Manier vermengen ...

Zu den Gesetzmäßigkeiten im Leben berühmter Persönlichkeiten gehört es, dass irgendwann, quasi wissenschaftlich arbeitende Gutmenschen auftauchen, die mit Methode vom öffentlichen Niedergang eben dieser Persönlichkeit profitieren wollen. Herr Riegel ist wohl ebendort ein Künstler, der seine großen Zeiten als Texter und Unternehmensberater, u.a. für die Werbe- und Entertainmentbranche in den 80er und 90er Jahren wohl hinter sich hat. Gelernt ist jedoch gelernt.


Ungebremste Rache?

Die Seitenhiebe auf Eva Beuys-Wurms und ihre vom Autor explizit negativ herausgestellte Deutungshoheit machen nicht nur klar, dass Herr Riegel auf vielen Ebenen gut informiert scheint, sondern auch eine bewusst aggressive, möglicherweise sehr persönlich motivierte Zerstörungsabsicht, in diesem Fall schlecht verdeckt, warum auch immer, mit sich herum trägt.

Jene, in Interviews stets besonders kenntlich gemachte Wissenschaftlichkeit in der Buch-Recherche erweckt zeitig den hohlen Klang einer unangreifbaren und damit ungebremsten Rache.

Das wäre als Motiv zumindest emotionaler einzustufen als profanes finanzielles Kalkül, eines sich besonders gerne am, bereits als besonders kontrastreich einzustufenden, persönlichen Leben von Künstlern wie Immendorf und Beuys erregenden Autors.

Aber selbst das ist als schlichte Methode der Yellow-Press hinlänglich bekannt und für jeden gesunden Menschenverstand so zu bewerten.


Den Beuys Raum ausfegen

Autoren wie Riegel und die immer neue Opfer benötigende investigative Presse vergessen, dass des Autors akribische Recherche zu Schlussfolgerungen führt, die widerum beliebte aktuelle Klischees und Ressentiments gegen Künstler im Allgemeinen und Beuys im Besondern bedienen.

Mit dem Besen der Investigation fegt Herr Riegel den Raum Beuys aus aber der aufgewirbelte Staub zeigt eigentlich nur, wie nebulös Arbeit, Leben und Werk von Beuys in der Öffentlichkeit diskutiert worden ist und wie miserabel eine mit Veränderungsabsicht angetretene Kunstform in unserer Demokratie verortet wird. Da ist eine persönliche Demontage immer leichter zu bewerkstelligen, als der Versuch von Kunsthistorikern Werk, Leben und Material in sensibler Weise zu beleuchten und für alle verständlich zu machen.



Der offene Weg Beuys

Joseph Beuys war offenbar zu Lebzeiten als Mensch und als Künstler zu einer sehr besonderen Reise aufgebrochen, die Herr Staeck kürzlich in einem Interview mit „sehr offen für Alles“ beschrieb.

Eine solche, auf das Leben neugierige Haltung, die eine zutiefst künstlerische ist,  passt denkbar schlecht in den gegenwärtigen gleichmachenden Kanon von Gut und Böse und war von jeher angreifbar. Sie entspricht einer mutigen aber diffizilen Haltung mit Ecken, Kanten, Reibung, Regung – Dinge, die von vielen beklagt, in unserer Gesellschaft schmerzlich vermisst werden. Heute steht man, gerade wenn es etwas zu verkaufen gilt, offenbar besser auf der Seite der etwas einfacher strukturierten, geglätteten Ansichten, wie eben die Herrn Riegels. Da passen Besonderheiten, menschliche Veränderungsabsichten, Theorien, künstlerische Wagnisse, politische Visionen, Experimentelles (wie die Anthroposophie) und der Anspruch auf eine eigene existentielle Wahrheit offenbar nicht mehr dazu.



Das reaktionäre Weltbild H.P. Riegels
Die Politik Frau Merkels verdeutlicht mit ihrer Attitüde einer politisch einseitig orientierten Sachgebietsleitung auch die kulturelle Lage in Deutschland.

Ins gleiche, kulturell gleichgeschaltete, Horn bläst nun der Autor Riegel.

Seit wann aber geht es im Leben eines Künstlers um demokratische Weltanschauung oder die richtige Gesinnung? Seit wann soll ein Künstler ein anständiges oder nur ein korrektes Leben führen? Um nach dem Tod nicht angreifbar zu sein? Und wer bestimmt das? Vielleicht Herr Riegel?

Er versucht es offenbar und das ist – immer noch – das Gegenteil einer freiheitlichen Weltanschauung.

Wir erleben im Wirken Herrn Briegels ein klassisches Stück reaktionärer Politik in der Fortsetzung eines alten Titels der Bildzeitung über eine Aktion von Joseph Beuys:

„Der Professor lag der Länge nach in Margarine.“

carsten reinhold schulz, 20.05.2013

Donnerstag, 13. Januar 2011

Johannes Stüttgen auf der Birkenstrasse und das Kapital kommt nach Flingern


























Den gegenseitigen Begrüssungen zufolge wirkte es wie ein Treffen alter Bekannter, die der Einführung in den erweiterten Kunstbegriff von Joseph Beuys durch Johannes Stüttgen beiwohnen wollten. Ort: ein Kunstverein auf der Birkenstrasse in Düsseldorf Flingern. Das als kreativ gehypte Viertel Düsseldorfs, in dem die ersten Galerien schon wieder abwandern, ist bestimmt nicht der schlechteste Ort für das Gespräch über einen Kunstzusammenhang, der den gesamten Menschen fordern will. Johannes Stüttgens Unmittelbarkeit im Vortrag wirkt auch deswegen so symphatisch, weil der, trotz seiner langen Erfahrung bei der unermüdlichen Klärung von Fragen, suchende Stüttgen, der im vorgestellten besten Sinne Künstler Stüttgen, immer präsent ist. Nicht nur in einer gelegentlich vorsichtigen Suche nach der formenden, den Sinngehlt weitertragenden Wortwahl, sondern auch in der Gestik und Bewegung zeichnet er so Teile der Arbeit von Joseph Beuys deutlich nach. Es ist jedoch auch eine sprachliche Welt in die hier eingeführt werden muss. Präzise Begriffsdefinitionen und Kontexteinfügungen führen zu strukturierenden Perspektiven, wie bei der Materie und der Erde als Widerstand oder den erweiternden Zusammenhängen von Kapital und Kreativität. Ob am späteren Abend viele der Zuhörer die Über- und Unterschneidungen der Begriffe Substanz, Materie und Material noch so klar verinnerlicht haben werden, wie zum Zeitpunkt des Vortrags, ist schwer zu sagen: gerade in einer Zeit in der das Piktogramm beginnt die Sprache zu bespaßen. Daher ist es eines der Verdienste von Joseph Beuys die Erfahrungen über das Material und die Zeichnung – als ein Urtypus des Bildes – wieder auf menschliche Ebenen gelenkt zu haben, die mit Kopf, Gefühl und Willen nachvollzogen werden können und daher beständig wichtiger werden. Johannes Stüttgen sei unter anderem dafür Dank, daß wir das nicht so schnell vergessen wollen. Eine seiner Publikationen aus dem Jahre 1983 hat mich immerhin mit veranlasst herauszufinden was es bedeutet Künstler zu sein und trotzdem Humor zu haben.
Es hiess nach einem Titel der Bild-Zeitung: „Professor lag der Länge nach in Margarine.“

Johannes Stüttgen liest aus DER GANZE RIEMEN

Samstag, 13. November 2010

Beuys d'Ackermann

























Beinahe unheimlich empfehlenswert ist die Düsseldorfer Beuysausstellung „Parallelprozesse“, die von Marion Ackermann verantwortet wird.  Dort kann man zwar keine Weihnachtsgeschenke kaufen, aber man kann etwas sehr Aktuelles mitnehmen: die Vorstellung einer absoluten Hinwendung zum Leben, die im vollen Glauben an die Kunst mündet. Das geradewegs leichtfertige Gefasel der Zeitschrift Monopol zu dieser wunderbar klaren Ausstellung im Düsseldorfer K20 ist theoretisiert und nicht empfunden. Das macht die dort notierte Kritik zum Fehlen des Künstlers Beuys in seinem Werk, (eine ewige, unsinnige journalistische Litanei ...) praktisch wertlos. Kaum eine andere Kunst fordert so leicht zu einfachen Fragen auf, Fragen die jeder in der Lage ist zu stellen. Kaum ein anderes Werk ermöglicht so direkte, persönliche, menschliche Zugänge in einer hochaktuell gebliebenen Kunst. Eine wunderbare Überraschung ist die letzte Arbeit des Künstlers mit Obstleiter, Stahlseilen und zwei Eisenkugeln.

Hingehen. Und dann nochmal hingehen.

Joseph Beuys
Parallelprozesse
Bis 16. januar 2011. K20 Grabbeplatz, Düsseldorf