Sonntag, 31. Oktober 2010

J.S.Foer: Tiere essen


























Wenn Künstler Verantwortung übernehmen, kann das so aussehen wie dieses Buch. Vor der Unfassbarkeit der globalen Situation und den überbordenden Problemen unserer Welt will Foer sich nicht davonstehlen. Anhand der Massentierhaltung und den gesteuerten Zusammenhämgen industrieller Nutzung von Tieren, zeigt er klar unsere Selbstgefährdung als menschliche Spezies und unsere spektakuläre Borniertheit gegenüber dem Leid anderer auf. Warum uns nicht längst alle das Grauen packt, angesichts milliardenfachen jährlichen Leids, das durch den Konsum von billigem Fleisch jeglicher Art erzeugt wird, bleibt unser derzeitiger gemeinsamer schleierhafter Wesenszug. Das Buch Foers sollte aber langfristig beschäftigen und zu grundsätzlichen Fragen selbstgewählter Werte führen. Wir können nachdenken und ebenso können wir vordenken. Daher sind wir in der Lage, die dringend gesuchten Wege zu finden, uns sinnvoll vom Gängelband der industriellen Fleischversorgung (und anderer industrieller Machenschaften) abzukoppeln, um ökologische Ungleichgewichte und die erschreckende Probleme des weltweiten Hungers langfristig in den Griff zu bekommen. Wie überwindet man also die jede Weiterentwicklung hemmende Ignoranz und Verdrängung? Alle die etwas verstanden haben müssen aufstehen – müssen Wege finden, ihre Meinungen laut hörbar zum Ausdruck zu bringen. Das sind zu reaktivierende demokratische Notwendigkeiten.
Es geht um Alles. Fast immer.

Mittwoch, 27. Oktober 2010

Eduard Mörike im Teppichladen








































Leichtfertig sagt man, dass die deutsche Literatur im Leben keinen Platz mehr findet und die tägliche Normalität die Leistungen unserer Literaten praktisch unter den Teppich gekehrt hat.
Weit gefehlt. Tatsächlich zeigt diese Aufnahme der „Düsseldorfer Teppichtage“, das Eduard Mörike, mittlerweile als einer der großen Dichter des 19. Jahrhunderts erkannt, mit praktischen sprachlichen Aufhellern dazu beiträgt, der Freude, die in Verbindung mit Schnäppchen beim Teppichkauf entsteht,  wieder einen zentralen Platz in der öffentlichen Wahrnehmung zu verschaffen. Als evangelischer Pfarrer hätte Mörike sicherlich grossen Spaß an den beinahe unglaublich preiswerten Angeboten dieses Geschäfts gehabt.
„Man muss halt immer etwas haben, worauf man sich freut ...“ s.o.

Solange Literatur sich noch offen in der Urbanität zeigt, kann es nicht schlecht um die neue europäische Denkergeneration stehen.
Erscheinungen überall ...

Mittwoch, 20. Oktober 2010

Bei Kraut wird schwer gebechert.

























Als ich die Einladung zur Erstpräsentation eines neuen Düsseldorfer Kunstmagazins mit dem Titel „Kraut“ in den unweigerlich dazugehörenden Salon des Amateurs erhielt, habe ich mich erstmal gefreut. Die Stadt ist in dieser Hinsicht nicht besonders vielfältig ausgestattet. Ein neues, kreatives Baby des Direktorenpaars des NRW FORUM Wenzel/Lippert war also durchaus dazu angetan Neugier anzufachen. Nach dem ersten Blättern hinter dem grafisch etwas schwammigen Titelblatt wurde jedoch schnell klar: hier geht es wohl um Selbstvermarktung der ungeschickteren Art. An sich schön produziert, hat man durch den Verzicht auf eine Broschurbindung, trotz des aufwändigen Papiers, nicht nur einen Anklang an Schulheftästhetik in der Hand, sondern muss beim Lesen zuviele Lobhudeleien der immergleichen Protagonisten der Kunstwelt Düsseldorfer Provenienz inhalieren. Das gipfelt in  einem wappenartigem Familienstammbaum der Becher-Klasse, bei dem schnell klar wird worum es bei dieser 01 Ausgabe des Magazins eigentlich geht: eine weitere Manifestation der angeblichen Düsseldorfer Schule als Markenzeichen und Stereotyp. Alle sattsam Bekannten dürfen reinschauen, alle dürfen mal was sagen. Becher, Struth, Gursky, Becker, die Band Kreidler (die haben ein Abo ...), die bösen Akademieprofessoren und die guten Akademieprofessoren, die in Wirklichkeit längst verdrängten 1960er-70er Jahre, Kraftwerk nicht zu vergessen, die teuerste Fotografie der Welt – die aktuelle Ausstellung von Stephen Shore ist Anlass, all diese immergleichen Dinge mal wieder auszugraben. Die gezeigten jungen Fotografen wirken als Alibi. Das soll möglicherweise Internationalität made in Düsseldorf erzeugen und hinterlässt doch eher Selbstgestricktes, Verklebtes. Im Magazin selbst ist kein neuer oder eigener Ansatz zu entdecken. Wohl eher der verspätete Versuch an die Werbemethoden anderer Museen anzuknüpfen.
Dazu scheitert die gute Idee eine Empfangsdame des Museums, Frau Linden, zu interviewen, am unfertigen Menschenbild der offensichtlich minderjährigen Fragestellerin. Es ist leider der kürzeste Text im Magazin ...
Sprachlich von den Werteverlusten in der Kunst auf den Marktwert des in Düsseldorf heimischen Fotolabors und Marktführers Grieger hinüber zu spielen, ist nicht nur inhaltlich peinlich, sondern eine zu offensichtliche, redaktionell schlecht getarnte, vierseitige Werbeplatzierung der Firma Grieger, die auch noch das Lektorat der Zeitschrift innehat. Der beschriebene Zusammenhang lässt sich mit dem Hinweis auf die plattformübergreifenden, Kunst und Kommerz verbindenden Gehversuche des Museums NRW Forum nicht überzeugend verarbeiten. Es darf nicht reichen, den seit langem eingeschlagenen kommerziellen Weg des Museums mit einem veralteten Kunstdiskurs zu kaschieren.
Aber das ist längst typisch Düsseldorf.
Es geht also weiter beim NRW Forum wie es auch das bisherige Gesamt-Programm zeigt: schön gehängtes Altbewährtes, Industrielles, Werbeästhetik, das übliche Zeugs ohne echte Traute – eben Kraut.
Voilà.

Etliche schöne Fotos sind jedoch drin in der Zeitung.

Donnerstag, 7. Oktober 2010

Shannon Finley: "Specters into Signals"

















Die Veröffentlichung "Specters into Signals" von Shannon Finley liegt jetzt vor und diese mit sechs Orginal Vierfarb Linolschnitten versehene Ausgabe ist ein kleiner Schmuckstein im persönlichen Kunstbuch- oder Editionsregal.
Auf seinen farbintensiven Leinwänden legt Finley zahllose Farbfelder aufeinander, bis an der Oberfläche geometrisch abstrahierte Räume sichtbar werden. Durch die unzähligen Schichten entstehen Figuren, die wie Hologramme wirken. Signalfarben und die Formensprache können auf die Ästhetik von frühen Computerspielen verweisen, aber sie handeln durch Referenzen an Farbmystik, Mandalas bis hin zur Leuchtkraft von Kirchenfenstern.
Empfehlenswert.

Mit 6 vierfarbigen Linolschnitten und Offset-Abbildungen
Broschur, 56 Seiten, 500 Exemplare, 26 EUR

Bestellungen unter    www.christianehrentraut.com

Samstag, 2. Oktober 2010

Achim Beermanns Porzellanatome


























Irgendwie passend zur Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke in Deutschland stellt der Düsseldorfer Objekt-Designer Achim Beermann der modernen Tafel aufsehenerregende Alternativen zur Verfügung. War „Schwerter zu Pflugscharen“ mal ein Slogan der friedensbewegten Menschen der 1970er Jahre, ist es beim Designer heute nicht der politsche Aktionismus, sondern eine an der Ästhetik der unsere Gesellschaft kernspaltenden Kraftwerke orientierte Formensprache, die es Beermann erlaubt, ein aufwändig produziertes Porzellan-Set aus Zuckerdose, Salz und Pfefferstreuer bezugsreich Brücken ins Jetzt schlagen zu lassen.
Die in kleiner Serie entstandenen Objekte gehören auf den intelligenten Tisch.

Mehr zu Achim Beermann. Hier klicken

Freitag, 1. Oktober 2010

Beuys 21: Stuttgart und die Revolution.




















Niemand wäre darauf gekommen, daß es die Hauptstadt des Ländle sein wird, an der sich zeigt, was die Demokratie und der Souverän in Deutschland noch bedeutet. Die Politik ist aufgerufen sich erkennen zu geben: welche Werte werden in Zukunft entscheidend sein? Sind es die Sachverwalter unseres Landes mit kurzfristigen Zielen und Macht-, bzw. Profitinteressen die das entscheiden? Werden es langfristige Ziele sein, die dem menschlichen Zusammenleben den Vorrang geben und die endlich diese Werte für alle sichtbar definieren? Die RFBK wurde heute beim Stuttgart-21 Solidaritätstreffen auf dem Düsseldorfer Bahnhofsvorplatz gesehen. Das bedeutet die notwendige Verbindung zwischen Kunst und Widerstand ist hergestellt. Zwölf im Hintergrund abgestellte Mannschaftswagen der Bereitschaftspolizei in Kampfanzügen standen etwa 150 sehr ruhigen Demonstranten gegenüber. Viele Fahnen der Grünen, leider nur eine einsame Fahne der Antifa – dabei hat gerade die Antifa hier eine echte Aufgabe. Denn eine missverstandene Demokratie und ein Rechtssystem, das die Handlanger und die Verträge der Profiteure schützt, haben gesellschaftliche Auswirkungen die vom Bild des Faschismus nicht allzuweit entfernt sind. Denn der Mensch bleibt das Kapital. Diese Vorstellung, die seit Beuys auch von den Grünen getragen wird, darf nicht mehr fortgesetzt übergangen werden. Bei Stuttgart-21 steht so gut wie alles auf dem Spiel. Also: Aufstehen. Demonstrieren gehen.

Künstler vereinigt euch.

Mehr zur Revolutionären Front Brüderlicher Künstler.