Drift, Übergriff, Kritik. Ein offenes Kunstprojekt von Carsten Reinhold Schulz
Mittwoch, 30. Dezember 2009
Mahnmal Rosa Platz und das passende Hemd
Das Wiener Mahnmal für homosexuelle NS-Opfer ist gescheitert. Die Idee eines mit rosa Wasser gefüllten Beckens wurde offiziell am 18.12.2009 gekippt – angeblich wegen technischer Schwierigkeiten bei der Realisierung und mangelnder Beständigkeit der Wasserfärbung.
Derzeit gibt es in Deutschland drei vollplastische Umsetzungen von Mahnmalen für die homosexuellen Opfer des Nationalsozialismus. Die erste dieser Gedenkstellen ist ein 1994 von Rosemarie Trockel in Frankfurt aufgestellter modifizierter Engel. Ein schönes und bestürzendes Bild, das der Unmöglichkeit dieses Unterfangens, nämlich ein gedenkendes Abbild im Zusammenhang mit systematischer, menschenverachtender Gewalt zu erzeugen, gerecht wird.
Die jetzige Diskussion und gerade erfolgte Ablehnung des in Wien geplanten Mahnmals aus rosa Wasser in einem Becken, genannt „Rosa Platz“ von Hans Kuppelwieser, aus technischen Gründen, erscheint mir durchwachsen. Es fallen zwei Dinge auf: die plakative, illustrativ zu nennende Idee des rosafarbenen Wassers und die deutliche Vorhersehbarkeit der aufgetretenen technischen Schwierigkeiten. Künstler sind jedoch auch in der Lage Prozesse, Bilder und Objekte zu entwickeln, die ein wichtiges Thema nicht nur in seiner zuerst sichtbaren Symbolik streifen. Auf diese Kraft sollte man mehr bauen. Es gibt schon zu viele kleinste gemeinsame rosa Nenner.
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Der lange Arm des Kunsthandels im ZDF?
Wenn bei ZDF-„Heute“ Künstler mit Ihren Händlern vorgestellt werden, wenn eine Nachrichtensendung einen Atelierbesuch macht, dann sollte man genauer hinsehen und -hören. Sobald ein Instrument des Kunsthandels wie das Auktionshaus, am Morgen des 30.12.2009 in der ZDF-Nachrichtensendung als Börse bezeichnet wird, dann lässt sich beobachten, wie die Haltung der seriösen und gut recherchierten Berichterstattung verlassen wird, um einen Künstler forciert zu etablieren. Auktionshäuser sind keine unabhängig agierenden Gradmesser für gesellschaftlich relevante Kunstentwicklungen sondern vollkommene Inseln reinkapitalistischer Kartelle ...
Viele Galeristen sind sich ihrer Sache überhaupt nicht sicher, was in Zeiten von Geldschwemmen leider dazu führt Dünnes oder Plakatives schnell an den Markt zu bringen. In Zeiten von Krisen führt das im Kunsthandel dazu, eine sichere Bank aufzusuchen. Da tauchen, analog zu den Remakes der Popmusik, die Werke und Sammlungen aus den vorigen Jahrzehnten wieder auf, die bereits gut verkauft haben oder bereits Sammlererfolge zu verbuchen hatten. Das spart eigene Investitionen und eine eigene Meinung. Ebenso erscheinen jüngere Künstler, die in den o.a. Nachrichtensendungen z.B. behauten dürfen, sie seien es selbst, die langfristig Wert versprechen, in dem sie in beinahe penetrant zu nennender hyperrealistischer Manier, Fußbälle und Motorräder freigestellt auf die Leinwand setzen (was heißt hier jetzt plakativ oder inhaltsneutral?). Dann werden Fernsehbilder eines lachenden, angeblichen Sammlers aufgeboten, der kameragerecht-zufällig im Atelier zu Verkaufsgesprächen auftaucht – vis-a-vis mit dem ebenso lachenden Künstler.
Zugegeben: das ist wirklich komisch.
Natürlich trägt der Künstler die obligatorisch farbverschmierte Trainingsjacke mit Arm-Streifen, die den nicht mehr so ganz jungen Mann als aktiven, immer noch frischen, modisch orientierten Teil der Szenekultur ausweist. Während des Berichts selbstverständlich immer wieder im Bild: der Galerist mit dem Telefonhörer am Ohr. Interessant vor allem, wenn man weiß, das der forciert propagierte Künstler zu Aufbauzwecken gerade durch verschiedene Hände von Kunsthändlern gereicht wird, die sich selbst nicht als Galeristen bezeichnen, was einen Ehrenkodex beinhalten könnte, sonder als reine Händler und die ihr Desinteresse an kulturellen Inhalten gerne bei einem Wein öffentlich zum Besten geben. Das ist nicht schlimm. So macht man Geld. Das ist okay. So werden halt die Märkte aufgebaut, bei denen aus einzelnen Künstlern Millionen herausgeholt werden sollen.
Es erschreckt nur, dass selbst Nachrichtensendungen der öffentlich rechtlichen Kanäle für dieses einseitige, bzw. zweifelhafte Bild von Kunst benutzbar oder sogar buchbar geworden sind. Alles sehr schlau gemacht, aber mehr als bedenklich.
Die Wendler-Clans der Kultur regieren also weiter: wieder im Fieber.
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Sonntag, 27. Dezember 2009
Trägt der Vampirismus das neue Frauenbild in der Kunst?
Die gedruckten Mega-Seller eines geradezu vegetarisch zu nennenden Vampirismus und seines zugehörigen monströsen Figurenparks sind gerade als up-to-date zu melden, da featured die Kunst- und Lifestylegazettenwelt unter der Überschrift einer neuen Romantik wieder mal Künstlerinnen mit einem zusätzlich popgeschwängerten, leicht verdaubaren, aber angeblich starken, weil blutsaugenden Frauenbild auf. Das sie den Surrealismus gleich mit im Gepäck haben kann nicht verwundern – kaum eine andere Kunstform lässt sich mit jedweder Form der Konsumwerbung in einen derart unverdächtigen Zusammenhang führen.
Dabei leben die langersehnten, wahren Heldinnen eines neuen Frauenbildes nahezu unbemerkt seit Jahren in den schlecht ausgeleuchteten, fleischgewordenen Nischen der Nachmittagstalkshows und anabolen Pumpstationen. Sie warten geduldig und zu Recht auf den Respekt der Öffentlichkeit, resp. der Frauenrechtlerinnen und all der Männer, die sich für eine neue gesellschaftliche Rolle als Vater, Freund und Mann beworben haben. Die echten neuen Frauen haben unvergleichlich starke Körper und sie zeigen ohne falsche Scham das aktuelle Gesicht der Frau, das jetzt geprägt ist von Fehleinschätzung, sexueller Überpräsenz, Härte gegen sich selbst und Selbstverleugnung.
Männer wissen aus langer, Jahrtausende währender Erfahrung glücklicherweise wohin das führt.
Zöpfchen sind irgendwann keine Lösung mehr – auch wenn es wirklich lustig aussieht.
Aber wo Humor ist, da schaut man ruhig in die Zukunft ...
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Montag, 21. Dezember 2009
FAZ, Brüder, Sozialismus, Diskussionen.
Alle Menschen werden Brüder? Das ist Irrsinn.
Schauen wir uns mal einige Brüder in der Realität an. Ist es nicht so, dass gerade unter Brüdern der Kampf um die elterliche Liebe oft so immens ist, dass sie in die Demontage des Anderen führt? Oder schauen wir uns die Brutalität zwischen Kain und Abel an.
„Alle Menschen werden Freunde“ passt da schon eher. Freundschaft lässt durchaus Schwächen, Andersartigkeit und persönlichen Freiraum zu, ohne zu werten. Das bekannte Lied könnte umgeschrieben werden ...
Insgesamt jedoch wird eine Diskussion um das gesellschaftliche Zusammenleben von Menschen beinahe unmöglich, führt man inhaltlich versiegte Begriffe ins Feld.
So wenig wie es den Menschen im Allgemeinen gibt, so wenig kann man von einer massenhaften Absicht ausgehen. Hier stößt die Utopie an Ihre Grenzen. Es ist die Allmachtsphantasie all dieser strukturierenden Umverteilungsstrategien, die sich als Sozialismus, Wirtschafts-Liberalismus, als Christentum oder religiös orientierte islamistische Politik, etc. zeigen, zu glauben, politische und nicht kulturelle Systeme könnten die Erfüllung für etwas sein, dass sich, wie der Mensch, als Wesen ständig sucht und erneuert. Gier ist kein Trieb und Angst ist ebenso wenig ein Trieb und dem zufolge nicht als Schmiermittel eines Gesellschaftssystems zu gebrauchen, dass zu menschlich orientierten, erfüllten Ergebnissen tendieren soll.
Angst ist kein menschlicher Trieb, sondern das animalische Äquivalent zur Eigenliebe – und Gier ist der Versuch diese Angst zu beherrschen. Ergo ist es, profan gesehen, Sicherheit nach der der Mensch immer wieder sucht. Das hat er in der Steinzeit getan, als die Natur noch direkter auf ihn einwirkte, dass tut er im durch Sozial- und Krankenversicherungen geprägten 21. Jahrhundert immer noch. Das ist auch der Grund warum er meistens CDU wählt.
Jedoch braucht der Mensch auch die Befriedigung seiner Neugier. Die ist wiederum ein Trieb und sie ist eine mit Sicherheit genetisch fixierte unlöschbare Gier. Die Kombination eines elementaren Wunsches nach Sicherheit und der Trieb der unstillbaren Neugier werden jedoch nur an einem Punkt dieser Welt sicher zusammengeführt: nicht in der SPD, die dafür stehen könnte, sondern im Fernsehen und in den neuen Medien. Daher ihr Erfolg.
Zuhause bleiben und verreisen. Das ist die Perfektion aus sicherem Gefühl und Neugier. Zur weiteren Zufriedenheit reicht ein Einheitsauto, ein gelegentlicher Kleidungswechsel, die Bildzeitung und die Schrippe am Sonntag . Die Rückwendung vieler ehemaliger Bürger der DDR in die vermeintliche Sicherheit eines omnipräsenten Staates spricht eine deutliche Sprache. Sozialismus oder Kapitalismus spielen keine wirklich entscheidende Rolle mehr, diese Begriffe werden durch Intellektuelle und Wirtschaftsinteressen am Leben gehalten. Daher lässt sich eine Diskussion zu Sozialismus und befreundeten -ismen gar nicht mehr aufziehen. Selbst eine gutgemachte Monarchie ist zur Zeit durchsetzbar. Vorausgesetzt, sie wirft ab und zu eine repräsentable, live gesendete Hochzeit ab. Zum Beispiel Merkel und Sarkozy. Die Sicherheit beider Länder als vermarktbares Bild.
Das nutzt allen Systemen und nur der Fisch stinkt weiterhin vom Kopfe.
Die ganze komische Diskussion auf: http://www.faz.net/sozialismus
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Sonntag, 20. Dezember 2009
Wort halten wie Jamie Oliver
NU.DE ist nicht plötzlich ein Gourmetblog geworden, ich möchte nur in echter Anerkennung ein schlichtes und durchwegs schmackhaftes Essen zum Anlass nehmen, den gelungenen Zusammenhang von Qualität und sozialer Intention zu loben. Im Londoner „Fifteen“, dem zweigeteilten Speiselokal von Jamie Oliver, sitzen oben die mit schmalerer Geldbörse und unten sitzen andere, über die ich nichts sagen kann. Die Grundidee des Speisen ist hier an die Vorstellung gekoppelt, mit einer von exzellenten Köchen beaufsichtigten Lehre, sozial schwierigen Jugendlichen wieder in die Spur zu helfen. Oder ihnen zumindest die Chance dazu zu geben. Leider haben alle die dort essen nur zwei Stunden Zeit, um die exzellente klare Küche zu testen – aber man bekommt in dieser Zeit alles was man will auf den Tisch. Und die Rechnung ist beeindruckend normal. Man ist rundum zufrieden. Das liegt auch daran, dass hier jemand sein Wort hält. So etwas wünsche ich mir zu Weihnachten für die politische Kultur in D. Ist ja nur ein Wunsch …
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Samstag, 19. Dezember 2009
Das Kopenhågen Monster.
Schade. Es ist wirklich schade.
Erst kürzlich wurde in diesem Blog über die möglichen Auswirkungen eines Scheiterns der Kopenhagener Verhandlungen nachgedacht, da scheitern sie tatsächlich und die Überlegungen bezüglich einer grünen RAF erweisen sich als aktueller denn je. Gerade für logisch und in wirtschaftlichen Dimensionen denkenden Menschen muss sich der fade Ausgang von „Hopenhagen“, (Werbung von Siemens, sic!) als nicht mehr nachvollziehbar darstellen. Man möchte beinahe beginnen Böswilligkeit zu unterstellen, wenn man nicht wüsste, dass langfristig überhaupt niemandem mehr etwas helfen wird - sollten unsere Volksvertreter den ökologischen Gedanken nicht in die richtige Prioritätenabfolge bei ihrer Verpflichtung dem Volk gegenüber bekommen. Sind es tatsächlich immer noch die kurzfristigen Gewinne von wenigen, die sich den angenommenen guten Absichten der vielen entgegenstellen?
Dieses Gedankenspiel führt uns zu den undemokratischen Realitäten der Lobbys und Wirtschaftsberater, aber vermutlich liegt ein solches Szenario näher an der aktuellen politischen Situation als wir alle glauben können. Hier ist so etwas wie ein billiger Kriminalfall mit Verschwörungstheorie im Gange. Und wir sind die Gefangenen der Gangster. Und Gangster sind nachher alle.
Dieser Film hat kein Happy-End, der ist einfach nur: Scheiße.
Dienstag, 15. Dezember 2009
Geschmacksverstärker: Casting Show bei Saatchi
Der Begriff des Massenkonsums spielt seit dem späteren 19. Jahrhundert für den Begriff der Popkultur, vom lateinischen populus, das Volk, abgeleitet, eine entscheidende Rolle. Die Popkultur steht für Dinge des kulturellen Lebens, die in die Lage versetzt worden sind, sich massenhaft im täglichen Leben auszubreiten. Eine Qualitätsfrage geht damit jedoch nicht einher. Das Volk, gemeint ist der Zuschauer, soll jetzt über jede Qualität entscheiden. Spricht etwas dagegen? Das Phänomen der Übertragung von Entscheidungen an die die man unterhalten und erbauen will, ist natürlich erstmal in der mangelnden Kompetenz der Fernsehredakteure und ihrem Willen diese Ratlosigkeit zu überwinden begründet. Aus ihrer Sicht macht man aus dieser Haltung folgerichtig eine funktionierende Methode. Wenn der Zuschauer seine Sendungen selbst in die Hand nimmt, kann er sich auf jeden Fall mit irgendetwas identifizieren, ergo kommen die Einschaltquoten und der erwartete Erfolg. Das ist auch beim Künstler-Casting praktisch. Man nimmt den simpelsten Weg, den ehemals etwas sperrigen Begriff der Kunst einzutüten und so zu nutzen, wie er sich immer noch gesellschaftlich veraltet darstellt. Man aktiviert heute nur massenweise Zuschauer, wenn sich diese Zuschauermengen selbst auch wiederfinden und darstellen können – und die daran gekoppelte massenhafte Teilnahme verspricht dann die vermuteten massenhaften Einkünfte. Also wird immer mehr vom dazu ausersehenen Volk abgestimmt, quasi auf Teufel komm heraus, von haltlosen oder gutmeinenden Kuratoren, von erhellten Zuschauern, von medialen Stars und mediokren Sternchen. Diese Entwicklung des stetig wachsenden Wahlverhaltens im Fernsehen ist umgekehrt proportional zur Entfremdung der tatsächlichen Politik vom echten Wahlvolk, zumindest in Deutschland. Es ist an sich prima, dass sich Saatchi aufmacht und uns allen mit der casting-show um einen möglichen Superstar der Kunst, wieder einmal klar vorführt, worauf es bei neuen Geschäften ankommt. Die mediale Präsenz ist es, die den Startschuss für ein erfolgreiches Geschäft ausmacht. Es reichen bereits wenige Tage Ohnmacht oder ein denkwürdig schlechtes Deutsch, um als Fernseh-Ereignis in die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit zu gelangen. Ist das erreicht lässt sich so gut wie alles verkaufen: seien es nun Bücher, schauspielerische Leistungen, Malversuche mit Alkohol, Pflegeprodukte oder Lebensberatung. Wer die Londoner Ausstellungs-Räume Saatchis besucht, dem wird schon durch die Fahnenaufschriften vor dem eindruckvollen Portal schnell bewusst, um was es geht, denn: neben Saatchi ist da ebenfalls Phillips de Pury auf diesen hochformatigen Fahnen vermerkt und das kennt man als Teil eines schwergewichtigen Imperiums aus Modefirmen, Designläden und diversen anderen fetten Wirtschafts-Aktivita, das sich eine, im Falle von Saatchi eher plakativ orientierte Kunst, als Leitstern auf den Luxuskühler heftet. Saatchi hat sich wahrscheinlich schon immer seine Sterne gerne selbst gebaut, wenn er sie brauchte. Er bedient sich jetzt direkt der Möglichkeiten der uns bekannten Massenkultur. Ob allerdings eine Ausstellung in einem Petersburger Großmuseum als Lohn für den siegenden Künstler ein Erfolgskonzept ist, wage ich zu bezweifeln. Diese Gegend der Menschheit riecht kulturell, trotz der großen Tradition, heutzutage im Zusammenhang mit Kunst immer noch zu sehr nach Ausweichquartier und Verstrickung.
Sonntag, 13. Dezember 2009
Hilft eine grüne RAF?
Vorgestern erhielt die Redaktion von einem Briefwechsel Kenntnis, der sich auf die verstärkte Neu-Gründung von militanten, ökologisch orientierten Kampf-Organisationen in Deutschland bezieht. Das Bundesinnenministerium ist bereits seit einiger Zeit in Sorge, daß solche, an Guerrilla-Taktiken, al-Kaida-Methoden und modernsten Internet- und Hackertechniken geschulten konspirativen Gruppen für eine weitere elementare Werteveränderung sorgen könnten. Dieser Weg führt von der Kultur des wirtschaftlichen Wachstums um jeden Preis weg – hin zu fundamentalen Überlebensstrategien unserer Spezies und des menschlich verantworteten Lebens auf der Erde. Das politische Klima ist für den wichtigen Rückhalt, den solche Organisationen in der Bevölkerung brauchen, äußerst günstig. Gegenüber den sechziger bis achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts, fällt bei den jetzt institutionalisierten Kampfgruppen keine Entfremdung, sondern eine Annäherung an die sogenannte Volksmeinung auf. Daran ändert wohl selbst die Bildzeitung nichts mehr. Es scheint, die Politik hat tatsächlich den letzten Kredit verspielt, indem sie jahrelang durch Täuschungen und Vertuschungen die Verursacher der Klimakatastrophe geschützt und gefördert hat – entgegen allen fortwährenden Beteuerungen. Es setzt sich bei großen Bevölkerungsgruppen zur Zeit die Erkenntnis durch, daß auch demokratisch gewählte Regierungen nicht die Interessen eines Volkes vertreten, wenn sie dafür sorgen, dass nachfolgende Generationen keine oder substantiell verschlechterte Lebensgrundlagen haben. Daran gekoppelt dürfte dann, vermutlich zu Recht, der sofortige Verlust der Regierungsverantwortung sein. Zu jeder Kultur gehört immer der Konsens darüber, was ihr wichtig ist. An diesen gemeinschaftlichen Abmachungen, die demnächst möglicherweise nicht mehr in den Parlamenten gefunden werden, müssen sich Regierungen in Zukunft messen lassen. Können herrschende politische Interessengruppen dies nicht erkennen und umsetzen, werden sie wohl in nicht allzu ferner Zukunft zu Entscheidungen gezwungen werden. Diese Szenarien und ihre Machtmittel scheinen sich gerade auszuformen. Was war noch mal die APO?
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Samstag, 5. Dezember 2009
BMW macht sich lächerlich.
Der BMW im Advent 2009.
So könnte eine wundervolle Teilgeschichte einer bekannten Automobilmarke beginnen, vielleicht mit einer Hinwendung zum Besinnlichen – sofern dies bei den zum größten Teil kulturell zwielichtigen BMW-Fahrern vorstellbar ist. Aber ist der Ruf erst ruiniert ... Dies hat man sich auch in der Werbeabteilung von BMW gedacht und sammelt eine Riege von abgrundtief-fadenscheinigen Hobby-Gestaltern in einer Art öffentlichem Adventskalender ein. Er ist ein fantastisches Beispiel dafür, wie unter dem Deckmantel von Kultur- und Kinderhilfe nicht nur Begriffe aus dem alten Haus der Kunst und Qualität mehrere Stockwerke tief heruntergefahren und damit vollständig ihrer gesellschaftlichen Relevanz enthoben werden, sondern es wird perfekt nachvollziehbar, wie sich das Verhältnis von Kunst und werblicher Patenschaft mittlerweile darstellt. Natürlich kennen wir alle das früher noch verheimlichte Spiel der Nutzbarkeit und Anbiederung an künstlerische Felder, sei es von Seiten des Staates oder der Wirtschaft. Aber es wird sichtbar hemmungsloser offenbar und erfüllt in der hier gezeigten Dimension mit einem Gefühl, das dem starken Ekel durchaus vergleichbar ist.
Das Schlimme ist jedoch, dass sich der Verdacht bei jedem Menschen mit auch nur durchschnittlichem Kunstverstand regt, hier sind Menschen mit Moneten in kulturellen Feldern unterwegs, denen Niveau und eine inhaltliche Auseinandersetzung mit Ihrem Tun vollständig gleich gültig ist. Eine Ansammlung schlechter Dinge wird ja durch eine zusätzliche Ansammlung von unterstützenden Firmen und Sternchen nicht besser. Der gute Zweck heiligt hier auf keinen Fall die Mittel, sondern erscheint wie die Grundlage eines grösseren Problems. Auf den Punkt gebracht:
Kulturlosigkeit lässt Kinder hungern und mönströse Adventskalender sind der Beginn davon. Danke BMW. Lieber selber spenden.
Dienstag, 17. November 2009
Thomas Brinkmann bei Petra Rinck
Die Erinnerungsmail der Galerie von Petra Rinck / site begann mit „Nicht vergessen“ und endete mit „Pünktlicher Beginn“. Das lockt lässig ins Haus. Angekündigt war klick/ klick Revolution, ein Projekt von Thomas Brinkmann, der, auf diesem Bezug aufbauend, an diesem Abend die Soundperformance “Feedback“ vor den schönen klaren Bildern von Ralf Brög temporär ins Leben rufen wollte. Die Galerie Petra Rinck gefällt mir. Sie hat oben und unten und Ecken und Kanten. Und es sind immer viele Künstler da.
Das ehemalige Ladenlokal begann tatsächlich pünktlich zu brummen, was vermutlich durch die bis zur höchsten Sensibilität aufgedrehten Empfindlichkeiten der Plattenspieler erzeugt wurde. Dieser Faktor ermöglichte dann Thomas Brinkmann, seine durch manuelle Klopf-, Scratch und Schabgeräusche an den Plattentellern erzeugten Klangbeispiele sphärisch zu verbreiten. Schönes Ding, aber sicherlich schon öfter und mit weniger technischem Aufwand gehört. Mit viel zu selten gesehener sensibler Langsamkeit baute sich die Performance erstmal wunderbar auf. Seine stark entrythmisierten, durch die Echos spiralig gewordenen Klänge aus dem Fundus der elektrischen Nebengeräusche, wurden dann jedoch mit schmerzhaften Lautstärken ins regungslos lauschende Publikum gedrückt. Manche fassen so etwas auch mal als einen persönlichen Angriff auf. Ich z.B..
Mir muss niemand Gewalt antun. Diskurse, die sich immer noch darum drehen, ob der Rezipient energisch geweckt werden muss, sind zum Glück vorbei. Das sich nur etwa ein Viertel der anwesenden Menschen aus Gründen der Selbstverteidigung die Ohren zuhielt, ist für den Rest der tanzlosen Zuhörerschaft kein wirklich gutes Omen. So ein Auftritt polarisiert nicht und schafft auch keine Gespräche, er teilt nur die Hörenden in welche die es sich antun und welche die es sich nicht antun.
Eines hat mich an diesem Abend in der Galerie jedoch besonders berührt:
die eintretende Stille, als Brinkmann den Anwesenden einen freundlichen „Guten Abend“ wünschte. Aus dem gar nicht kleinen Publikum kam leider nur eine einzige Antwort. Manchmal sind zuhörende Künstler einfach irritierend lässig.
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Donnerstag, 12. November 2009
Galerien, Menschen und Regionen verbinden.
Die Erstpräsentation des GALPORT Magazins als Teil des Dienstleistungsspektrums für Galerien und Kunstvermittler ist auf der Kunstmesse Art Contemporary Ruhr 2009 erfolgt. Das Konzept ist vollständig neu und zeigt bereits die Chancen auf, die entstehen können, wenn sich die Idee der Galerie als Gesprächs- und Kontaktraum wieder direkt in das Umfeld der Menschen bewegt. Es wird sich jetzt zeigen, wie offen die Galerien als Partner dieses Dienstleistungsportals mit der Idee der Umstrukturierung umgehen. Auch Galerien müssen sich weiterentwickeln und sollten die neuen Möglichkeiten der Selbstreflektion und inhaltlichen Selbstdarstellungen die GALPORT bietet nutzen. Sie sollten mitgestaltend an den neuen Systemen teilnehmen, um kulturelle Neuberwertung in ihre Arbeit einzubinden. Diese wird die Selbstbestimmung der Kunst, des Kunstdiskurses und der Kunstvermittlung für die nächste Zeit definitiv prägen.
Samstag, 17. Oktober 2009
NU.DE CONTEMPORARY
Die interstationäre Galerie NU.DE CONTEMPORARY zeigt
Wolfgang Spanier, „Pretender“ und Carsten Reinhold Schulz,
„TapedWorldStreamPilot“. Kataloge sind erhältlich.
Eröffnung und Vernissage für geladene Gäste Freitag 30.10. 2009, 20.00 Uhr, Messetage Samstag 31.10., 12.00 - 20.00 Uhr und Sonntag 1.11., 11.00 - 19.00 Uhr.
Weltkulturerbe Zeche Zollverein, Sanaa Bau, Zollverein-School, Gelsenkirchener Strasse 181 und 209, 45309 Essen 6.– EUR, erm. 4.– EUR, Katalog erhältlich.
Sie werden in diesem Jahr am Stand betreut von Herrn Robert Wegmann, Brüssel.
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Donnerstag, 1. Oktober 2009
Sterne und Das Zweite Feld.
Da es für jeden Topf einen Deckel geben soll, ist es auch nachvollziehbar, dass es Lieder geben muss, die sich mit total unsexy Umwelt-Themen abgeben. Pop! Petra sagt, das ist irgendwie ein innerer Druck sich zu engagieren. Ich finde inneren Druck relativ gut. Daher verweise ich mit dem folgenden Musikstück auf eine Genre, das auszusterben droht: den politischen Gesang. Diese Lieder mitzusingen ist wie mit Alexandra posthum Händchenhalten, es swingt auch inhaltlich. Kann trotzdem Spass machen. Fünf Sterne für das Echo.
Never ever give up.
„Die Sterne sind so heiss.“
www.myspace.com/daszweitefeld
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Jonathan Meese als Herbert Grönemeyer
„Wenn alles Kunst wird und damit nichts Kunst ist, brauchen wir keine Politiker mehr, dann sind wir alle Babys und Babys sind immer gut.“
Soweit Zitat J. Meese. Mein Gott, denkt man da. Irgendwie schade. Das Denken verläuft ja gerne in Sprüngen und die gehen immer mal wieder nach hinten los. Grosses Geläut und dann bersten da solche Gemeinplätze durch die dünne Wand aus Farbe und Wehrmachtsutensilien. Nicht daß wir uns da missverstehen, Meese ist soweit O.K., er tut ja keinem was. Gespielte Haltung, alberne Unifom-Späße und genügend Pathos reichten in Deutschland immer schon aus, um als Lichtfigur inhaltlicher Erneuerung in Erinnerung zu bleiben. „Wenn alles Kunst ist …“, schon dieses Satzfragment funktioniert nur als Zitat aus Kunstdiskursen die zwanzig Jahre auf dem Buckel haben und sich mehr auf die Weltsicht einer Bild-Zeitung beziehen, als auf einen eigenständigen Gedanken. Warum nicht einen Schritt weiter und weg vom kaum seligmachenden Sprachspiel gehen? Einen realen Schatten wirft nur folgende Frage auf: wie zeigt sich Kunst jetzt im jahre 2009? Wird sie noch von Künstlern geleistet oder hat sie sich in andere Bereiche des Öffentlichen umverwandelt. In dieser möglichen Erkenntnis liegt eine Chance für künstlerische Neuerungen, für die zur Entropie neigenden Gesellschaftsysteme an sich. Bestimmt findet sich jedoch ausschliesslich Klitterndes in der Neu-Postulierung eines Künstler- und Kunstbildes, das sich längst überholt hat und nur noch Jonathan Meese und dem Ex-Landesangestellten Markus Lüpertz aus dem Filzgrau der Geschichte fadenscheinige Kusshändchen zuwirft.
Und das mit dem „ … wir sind alle Babys.“, das überlassen wir besser mal dem Grönemeyer. Der macht in Deutschland die Schlager.
Zuviel Guido Knopps Geschichtsfeatures gekuckt, glaube ich.
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Dienstag, 22. September 2009
Unendliche Schönheit
Es sind Galeristinnen und Galeristen, ausgestattet mit umfassendem Wissen, Einfühlungsvermögen, Marktkennntis und hoher sozialer Kompetenz, die willens sind, Räume für viele Arten überlebenswichtiger Kultur zu erzeugen. So gut wie immer privat initiiert, mit hohem persönlichem Engagement und eigenem finanziellen Einsatz aufgebaut, werden dort, in den Galerien im Land, ständig neue Kunstaspekte gesucht und gefunden, die letztendlich das Klima eines offenen Kunstdiskurses erzeugen. Damit sind sie Garanten für alle Arten von freiheitsfördernden Denkmodellen, ohne die ein Zusammenleben jetzt und in der Zukunft kaum möglich sein wird.
In den totalitären Systemen des letzten jahrhunderts, haben wir alle ein reichlich exaktes Bild davon bekommen, wie sich eine gelenkte und kontrollierte Kultur zur blanken Barabarei entwickeln kann und diese als Überbau stützt. Mit katastrophalen Folgen für alle folgenden Generationen.
Diese wichtige Erkenntnis und die daraus folgenden Argumente für eine offene Kultur, scheinen mir persönlich nur noch nebulös über den gesellschaftlichen Notwendigkeiten zu schweben. Sind es doch in der allgemeinen Medienlandschaft allenthalben die mit dem scheinbar notwendigen Popstar-Image ausgestatten wenigen Galeristen hauptstädischer oder gar internationaler Provenienz, die mit der Herumreichung weniger Namen und ins denkwürdige wachsender Preisbeispiele das Bild einer Kultur erzeugen, die eigentlich weitaus mehr erzeugen will: nämlich Auseinandersetzung, Kritik und unendliche Schönheit.
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