Mittwoch, 20. Oktober 2010

Bei Kraut wird schwer gebechert.

























Als ich die Einladung zur Erstpräsentation eines neuen Düsseldorfer Kunstmagazins mit dem Titel „Kraut“ in den unweigerlich dazugehörenden Salon des Amateurs erhielt, habe ich mich erstmal gefreut. Die Stadt ist in dieser Hinsicht nicht besonders vielfältig ausgestattet. Ein neues, kreatives Baby des Direktorenpaars des NRW FORUM Wenzel/Lippert war also durchaus dazu angetan Neugier anzufachen. Nach dem ersten Blättern hinter dem grafisch etwas schwammigen Titelblatt wurde jedoch schnell klar: hier geht es wohl um Selbstvermarktung der ungeschickteren Art. An sich schön produziert, hat man durch den Verzicht auf eine Broschurbindung, trotz des aufwändigen Papiers, nicht nur einen Anklang an Schulheftästhetik in der Hand, sondern muss beim Lesen zuviele Lobhudeleien der immergleichen Protagonisten der Kunstwelt Düsseldorfer Provenienz inhalieren. Das gipfelt in  einem wappenartigem Familienstammbaum der Becher-Klasse, bei dem schnell klar wird worum es bei dieser 01 Ausgabe des Magazins eigentlich geht: eine weitere Manifestation der angeblichen Düsseldorfer Schule als Markenzeichen und Stereotyp. Alle sattsam Bekannten dürfen reinschauen, alle dürfen mal was sagen. Becher, Struth, Gursky, Becker, die Band Kreidler (die haben ein Abo ...), die bösen Akademieprofessoren und die guten Akademieprofessoren, die in Wirklichkeit längst verdrängten 1960er-70er Jahre, Kraftwerk nicht zu vergessen, die teuerste Fotografie der Welt – die aktuelle Ausstellung von Stephen Shore ist Anlass, all diese immergleichen Dinge mal wieder auszugraben. Die gezeigten jungen Fotografen wirken als Alibi. Das soll möglicherweise Internationalität made in Düsseldorf erzeugen und hinterlässt doch eher Selbstgestricktes, Verklebtes. Im Magazin selbst ist kein neuer oder eigener Ansatz zu entdecken. Wohl eher der verspätete Versuch an die Werbemethoden anderer Museen anzuknüpfen.
Dazu scheitert die gute Idee eine Empfangsdame des Museums, Frau Linden, zu interviewen, am unfertigen Menschenbild der offensichtlich minderjährigen Fragestellerin. Es ist leider der kürzeste Text im Magazin ...
Sprachlich von den Werteverlusten in der Kunst auf den Marktwert des in Düsseldorf heimischen Fotolabors und Marktführers Grieger hinüber zu spielen, ist nicht nur inhaltlich peinlich, sondern eine zu offensichtliche, redaktionell schlecht getarnte, vierseitige Werbeplatzierung der Firma Grieger, die auch noch das Lektorat der Zeitschrift innehat. Der beschriebene Zusammenhang lässt sich mit dem Hinweis auf die plattformübergreifenden, Kunst und Kommerz verbindenden Gehversuche des Museums NRW Forum nicht überzeugend verarbeiten. Es darf nicht reichen, den seit langem eingeschlagenen kommerziellen Weg des Museums mit einem veralteten Kunstdiskurs zu kaschieren.
Aber das ist längst typisch Düsseldorf.
Es geht also weiter beim NRW Forum wie es auch das bisherige Gesamt-Programm zeigt: schön gehängtes Altbewährtes, Industrielles, Werbeästhetik, das übliche Zeugs ohne echte Traute – eben Kraut.
Voilà.

Etliche schöne Fotos sind jedoch drin in der Zeitung.

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