Montag, 21. März 2011

Martynow, Kerstin Holm, FAZ
























Der Bericht im Feuilleton der samstäglichen FAZ, zur zehnjährigen Kulturproduktion des russischen Post-Komponisten Wladimir Martynow, macht nachdenklich. Er ist betitelt mit dem nahezu genialen Satz: „Große Musik ist auch nur eine Form von Arroganz“. Die Art und Weise jedoch, in der das Experiment des Herrn Martynow und seine Überzegung in einer Zeit zu leben, die nur noch für Nicht-Komponisten gemacht zu sein scheint und in der er dennoch Musik machen will, als schräge Hymne an den Dilettantismus abgetan wird, ist nett geschrieben, aber als Demontage gedacht. Richtiges beschreiben aber die falschen Schlüsse ziehen sind das Credo des Artikels von Kerstin Holm. Sind nicht Martynows, in der Überschrift anklingende, theoretische Ansätze nachvollziehbar folgerichtig und eine durchaus mögliche Essenz aus den künstlerischen und gesellschaftlichen Entwicklungen? Sind es nicht hauptsächlich die aus traditionellen Künstler-Schulen und Akademien resultierenden Kunstgattungen und Künstler, die keinen nennenswerten Beitrag zur Lösung zukünftiger gesellschaftlicher Aufgaben zu leisten imstande sind, weil sie die Konsequenz, die in ihrer eigenen, janusköpfigen Situation liegt, scheuen? Warum trennt die Autorin des Artikels gerade Martynows Streitschriften, von der sie sagt, daß sie in jedem Buchladen zu haben sind, und seine Hinwendungen zu Multmedia von seiner künstlerischen Produktion als Komponist? Auch Journalisten sollten keine Angst entwickeln vor den sich auflösenden Formen traditioneller Kunstproduktion und Genres. Das der ehemalige Komponist Martynow der Kunst im Allgemeinen eine Absage zu erteilen versucht ist natürlich unsinnig. Entweder bezieht er sich bei seinen Äusserungen auf traditionelle, durchlebte Kunstformen oder es handelt sich um eine ganz persönliche Lebensentscheidung, über die man einen ganz anderen Artikel schreiben müsste. Ein Künstler der sagt, „daß große Musik auch nur eine Form der Arroganz sei“, bestätigt letztlich nur mit lockerer Hand die Erkenntnisse eines Kultursoziologen vom Format Pierre Bourdieus, nach dem es auch oder gerade die angeblich edlen Formen der Kunst sind, die für die Legitimierung sozialer Unterschied sorgen. Das Postulat der heutigen freien Kunst ist, in Bezug zu ihrer Beliebigkeit und Systemkonformität, möglicherweise nur frei von weitergehenden Bedeutungszusammenhängen.

Das zweite Feld der Kunst.

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