Donnerstag, 25. Februar 2010

Gruner und Jahrs' ART wird reaktionär.



















Ein vergeudeter Titel auf der neuen Ausgabe des Kunstmagazins ART kündigt die Rückkehr der Schönheit an. Ja, war sie denn weg? Und ist so ein Titel nicht die finale Volksbverblödung? Leistet sie nicht einem reaktionären Kunstverständnis das Wort, den jeder halbwegs sensible Mensch für endlich überwunden hielt? Liebe Redaktion von ART: so viel Mittelmaß muss nun auch nicht sein, denn danach kommt gleich die Diskussion, ob Malerei sich farblich an der Innenarchitektur orientieren sollte. Kunst muss nicht um jeden Preis verkauft werden. Kunst-Magazine dieser Art offensichtlich schon.


Schönheit reparieren.

Sonntag, 21. Februar 2010

Lois Renner bei Rupert Pfab
























Die Galerie von Rupert Pfab hat neue Räume bezogen. Direkt gegenüber der alten Galerie. So etwas ist ein Schritt in eine neue Perspektive, diesmal mehr von oben, liegen doch die Ausstellungs- und Büroräume zwei Treppen hoch im Hinterhof. Man durchquert vorher einen Patio, eine kleine Welt für sich, andere Galerien und Kreative sind Nachbarn, zu Sies und Höke blickt man ins beleuchtete Souterrain, man fühlt sich ein wenig privat und das ist keine schlechte Situation für ein Gespräch.
Die gut besuchte Eröffnung von Lois Renner umfasst etliche großformatige Fotografien des Österreichers. Was beeindruckt sind weniger die in der textlichen Kurzübersicht der Galerie angedeuteten Verhältnisse des Künstlers zum Spiel mit der Wahrnehmung, die angedeuteten Wirklichkeitszonen oder die von Kunstgeschichtlern leider zu oft zitierte ironisch-narrative Bildsprache, sondern es sind die wunderbaren Zusammenhänge der inneren Überzeugungsfähigkeit von Bild und Bildmotiv. Hier zeigt sich meist, ob man es mit einem guten Künstler zu tun hat oder nicht. Lois Renner transportiert das Verständnis der mittlerweile oft fiktiven oder atavistischen Ateliersituation und damit des ehemals genuinen Ortes von Kunstentstehung in eine aktuelle, nicht von Klischees dominierte Bildauffassung. Das macht er wirklich gut, da passiert Überraschendes, da entstehen Fotos, die die scheinbare Nebensächlichkeit von Arbeitsprozessen beinahe als greifbares Gefühl in eine fotografische Sprache umsetzen. Das schafft wunderbare Bildtexturen und -räume. Man fragt sich jedoch wie zwangsläufig wichtig die gleichzeitige Bearbeitung der abfotografierten Kleinmodelle und der selbstangelegten Malerei für das Endresultat ist. Wer Bilder sucht findet Malerei auch in der Fotografie selbst, was braucht es da verspielte Zitate von Malerei im Bild? Es bleibt aber schlicht und einfach sehr gute Fotografie, die durch die zusätzliche Hereingabe der Fleißarbeit im Modellbaubereich eigentlich hauptsächlich Auskunft über die Vielzahl der gestalterischer Möglichkeiten Renners bietet. Dieser Gedanke zu Ende gedacht führt bei Lois Renner nicht zu einer Erweiterung, sondern zu einer Art Implosion in das Medium der Fotografie. Ob dies an der Produktaffinität des Kunstmarktes liegt oder an der schlichten Schwierigkeit der Namensfindung bei einer Vielzahl von künstlerischen Talenten sei vorerst dahingestellt.
Die in der Galerie etwas verloren wirkenden Modellansichten, z.B. des in den Fotografien wieder auftauchenden Drum-Set werfen eine zusätzliche Frage auf: warum tauchen Versatzstücke der Fotografien überhaupt auf? Um den Betrachter von der Wirklichkeit des Modells zu überzeugen? Die so etwas leichtfertig ausgestellten Modelle wirken in dieser Situation didaktisch motiviert und führen dazu, Wahrnehmungsebenen und das Spiel mit Ihnen in den eigentlichen Arbeiten nicht mehr überzeugend zu erkennen. Das ist ein wenig schade bei einer gelungenen Ausstellung mit Fotografie.
Denn um Bilder zu erzeugen muss man noch mutiger werden.

Seitengleis zum Thema Bild.

Dienstag, 16. Februar 2010

Adornos klarer Schrecken: Popkultur



Eine gewisse Klarheit geht von den Worten dieses Interviews aus. Das die genauen Inhalte der Sätze, gerade für die Beurteilung unseres derzeitigen Kultursysstems eine immer noch grosse Rolle spielen könnten, scheint keine Diskussionsgrundlage mehr zu sein. Solche Dinge sind wahrscheinlich schwer aus der Mode gekommen. Soweit haben es die Fackelträger unserer freien Kultur bereits geschafft. Wer bis heute nicht wußte was ein Kardinalfehler ist, jetzt spätestens dürfte er es wissen. In diesem kleinen Film liegt einer der wichtigsten Ansätze, um einer menschlichen und kommunizierenden Gesellschaft näher zu kommen. Mehr als einen solchen kleinen Film braucht es dazu eigentlich nicht – und ich wette, er war nicht mal teuer.

Sonntag, 14. Februar 2010

Kunst und Kindheit unter Vodafone.















„Kind und Kunst“ sind Tabu-Themen der besonderen Art, so wie es die Kultur im Allgemeinen ist. Nachrichten über kreative Kinder sind gern gesehen, frühe Förderung in den kleinen Zeitfenstern der Kindheit ist eine oft beschworene Devise. Jede öffentliche Anstrengung in dieser Hinsicht wird sofort belohnt. Das ist einer der Gründe warum Vodafone oder andere große Firmen und auch öffentliche Träger ein besonders Augenmerk auf kreative Kinder legen. Der theoretische Überbau braucht nicht mal diskutiert zu werden, der Imagegewinn ist beträchtlich, Spendengelder sind leicht zu generieren. Zudem muss keine finanzielle Trägerschaft befürchten in ein schummriges Licht getaucht zu werden, wie es zum Beispiel nach werblichen Geldspritzen bei blutgewaschenen Fahrradrennfahrern gerne mal passiert.
Es gibt aber noch andere Gründe, die wohlwollende Akzeptanz gegenüber der öffentlichen Förderung von „Kind und Kunst“ mit zumindest einem kritischen Auge zu betrachten. Beschwerte sich das deutsche Feuilleton noch vor der ersten Staffel über die hanebüchene kulturelle Ausrichtung vieler Heranwachsender durch RTL’s Superstarsuche, so geschieht dies längst, etwas niveauvoller, sprich: verdeckter, durch die Verakademiesierung von Grundschulen, (siehe die „Kinderkunstakademie“ in Rostock), die Kultur-Aktion „Kinder zum Olymp“ (sic!) der Deutschen Bank oder die sehr RTL-nahe Aktion „Düsseldorf ist art-ig“ bei der sehr direkt eine frühzeitige Kommerzialisierung von kreativen Ideen und eine schnelle Professionalisierung von Kindern und Jugendlichen, durch intensive Belohnungsysteme, Preise und starke Presseanbindung angestrebt wird. Bei dieser Form der oft kulturamtsgesteuerten Nachwuchsarbeit, z.B. im Dienste des Kunst-Images einer Region, stehen die Damen und Herren Sponsoren logischerweise Schlange. Da fragt man auch nicht mehr so schnell warum unsere Kinder Mittags in der Schule nicht flächendeckend ausreichend Gesundes auf den Tisch bekommen. Das gehört ja offensichtlich nicht mehr zur Kultur.
Man darf sich fragen, ob nicht auch hier bigotte Erscheinungen zu uns sprechen. Sowie es keine große Hilfe war, junge oder begabte Künstler in den Akademien zu schnell in die Arme des Kunstmarktes zu treiben, so darf auch bei diesem Thema bezweifelt werden, dass schönes, sinnfreies Spiel und kreatives Probieren von Kindern ohne Ausrichtung und Markt-Protektion sinnlos ist. Was der Umkehrschluss hiervon bedeutet, ist an den Hochschulen bereits gut zu sehen: die Wirtschaft erzieht sich ihre Studenten in den Bachelor-Studiengängen als passende Arbeitskräfte in Rekordzeit selbst heran. And I guess they fit like a glove ... Wenn erst der Kunstmarkt sich aufmacht, um seine Künstler selbst heranzuzüchten, dann hat man einiges an ehemals allgemeingültigen Vorstellungen von Freiheit bereits aufgegeben.
Es wird spannend sein zu sehen, wie spätere Generationen die Systeme der staatlichen oder öffentlichen Frühförderung, wie die der ehemals zwei deutschen Staaten, vergleichen und bewerten werden. Gut und Böse beginnt, wie so oft, durch die immer größer werdende Menge an systemkonformen, aber gut meinenden Menschen zu verschwimmen. Gott schütze uns vor denen, die immer mit kleinen Kindern auf dem Arm ins Fernsehen wollen.

Erziehungslink bitte hier klicken

Dienstag, 9. Februar 2010

Künstler feiern spontan Hartz 4 Urteil























Das heutige Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das voraussichtlich zu einer Erhöhung der Hartz 4 Regelsätze führen wird, ist von vielen Künstlern mit wildem Enthusiasmus aufgenommen worden. Vor dem Karlsruher Gerichtsgebäude versammelten sich spontan mehrere hundert Künstler, um gemeinsam zu singen und zu diskutieren. Die bundesdeutschen Künstler stellen, des Sprechers ihrer Interessenvertretung in NRW zufolge, die verhältnismäßig größte Gruppe der Hartz 4 Empfänger dar. Ein wohl sehr dunkles Kapitel bundesdeutscher Kulturgeschichte, denn gerade das öffentlich gewünschte Bild des erfolgreichen Künstlers verschwimmt zusehends im Nebel einer immer stärker werdenden Hilfebedüftigkeit vieler Kulturschaffender in Deutschland. Selbst die nationale Schwarzarbeit erscheint geradezu als ein Hort der Einfallslosigkeit, vergleicht man die kreativen Pläne vieler Künstler, sich selbst und der eigenen großen Kinderschar, das erforderliche Auskommen zu sichern. Unbehelligt von der hochwertigen professionellen künstlerischen Arbeit werden Parallelexistenzen gechaffen, die nicht selten Tellerwäscher, Parkhausaufsicht, Drogendealer oder gedungener Mörder heissen. Von der ungeliebten und sicherlich unverantwortlichen Arbeit in der Werbung einmal ganz abgesehen. Handtaschendiebstähle zur Finanzierung der Acrylbinder, Farben oder guter Firnisse sind in Malerkreisen längst die Regel und werden in den einschlägigen Kultur-Blogs nachträglich schriftlich legitimiert. Um eine gewisse Entspannung in den Alltag des Künstlers zu bringen, ist das Urteil des höchsten deutschen Gerichts nur zu begrüßen. Die offiziellen Feiern des Bundesverbandes Bildender Künstler im Beisein des stellvertenden Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse werden vermutlich Ende der Woche auf dem Aussengelände der Berliner Charité beginnen – ein Ort, der bei den erwarteten exzessiven Feiern schnelle Hilfe möglich macht. Hoffnung keimt hier und da auf: ein Novum angesichts einer, das Jahrzehnt abschliessenden, opportunistischen, gelb-schwarzen Schunkel-Regierung. Auch Kultur stinkt eben vom Kopfe. Ist es nun Fluch oder Segen, dass sich Wert und Form einer Kultur nicht als Gerichtsurteil abbilden lassen?

Bildquelle:� H.P.Haack

Freitag, 5. Februar 2010

Giacometti und Sotheby’s





















Titelseiten sind nicht lustig. Titelseiten haben eine Aufgabe. Titelseiten machen Stimmung. Selbst die Süddeutsche Zeitung bringt heute den Giacometti als teuerste Kunst-Versteigerung aller Zeiten auf die erste Seite. Die vermittelte Information bleibt eher dürftig: einige Kunstanleger oder im besten Fall Kunstliebhaber sind weiterhin bereit ihre extragroßen Portokassen für gute Arbeiten der Moderne zu öffnen. „Was solls?“, könnte man denken. Jedoch fällt auf, dass sich die Spirale der Preise im Kunstsektor – trotz der tatsächlich existierenden wirtschaftlichen Problematik vieler Menschen – auf einer gewissen Ebene weiter nach oben dreht. Titelseiten machen also Stimmung. Stimmung vielleicht dafür, dass es in einer Zeit, die keine sinnvolle globale Weiterentwicklung bei den nuklearen, geopolitischen und ökologischen Interessensfeldern der Menschheit bietet, dennoch Werte gibt für die es sich lohnt, mit dem hoch vernetzten und in Teilen menschenverachtenden kapitalistischem System bedingungslos fortzufahren? Für die Eigner von Sotheby’s und Co. ist das Ergebnis nur folgerichtig, nach ihrer Kopplung des Auktions- und messedominierten Kunstmarktes und den Interessen der industriellen Eliteprodukte aus dem Mode-Lifestyle-Sektor, die ja alle von einigen wenigen Händen verwaltet werden. Ein Schelm ist also, wer bei Titelseiten an PR denkt. Für diejenigen die es sehen wollen, ist die Höhe der Kunstpreise ein sicherer Ausguck über die glitzernde Leere der in den Museen gepredigten Ersatzreligionen. Dort wird verzweifelt versucht eine sehr angestrengte Übung durchzuhalten: den Spagat zwischen musealem Bildungsauftrag, der durch viele Besucher sinnvoller scheint, und finanzpolitischen Interessen. Das klingt auch im Bekenntnis von Raimund Stecker an, der sofort nach Bekanntgabe des Millionen-Loses die verstärkte Bewachung der Giacomettisammlung seines Duisburger Museums ankündigt. Was bewacht ist, muss eine Attraktion sein – im Hintergrund sieht man die Kronjuwelen glänzen. Verständlich, dass auch die Duisburger vom Rekordverkauf profitieren wollen. Ein Besuch bei den Giacomettis ist allerdings nie umsonst.

Bild: „A-giacometti-ghost-extended“ © crschulz kulturproduktion,  Düsseldorf 2010

Donnerstag, 4. Februar 2010

Hitler als Bestsellerautor


















Autorenrechte sind endlich, also gehen derzeit folgerichtig die Diskussionen um die Herausgabe und erneute Veröffentlichung des Hitler-Buches „Mein Kampf“ wieder los.
Mit dem schnell geäußerten Grundgedanken den kriminell orientierten rechten Publizisten jedweden Wind aus den Segeln nehmen zu können, soll eine umfangreich kommentierte Version 2015 auf dem Buchmarkt erscheinen. Was löblich erscheint, (und zusätzlich ein gelungener Versuch ist, an berühmt-berüchtigten Titeln mit gutem Gewissen mitzuverdienen), zeugt eindeutig von mehr als nur Vorsicht.
Die so dokumentierte Angst vor diesem Buch ist als Signal denkbar falsch, baut sie doch selbst den überschätzten auratischen Ruf des Machwerks weiter auf. Es ist ein Buch. Es ist ein Buch. Es ist ein Buch. Es ist letztendendes ein Buch, in dem alles sehr früh aufgeschrieben stand, was später zum Schrecken vieler verwirklicht wurde. Das bedeutet in erster Linie: alles was kam, kam nicht überraschend. Es war mit schwarzen Lettern auf weißem Papier angekündigt worden. Was dieses Buch augenscheinlich klar macht, ist die fehlende menschliche Fähigkeit – selbst der gutmeinenden Menschen – zur vernünftigen gesellschaftlichen Nutzung von relevanten und substantiell gefährlichen Erkenntnissen, die sich aus einem Schriftstück entwickeln lassen könnten. Unabhängig davon, ob es nun „1984“ oder „Mein Kampf“ heißt. Aus dieser Tatsache lässt sich jedoch nicht ableiten, dass Bücher nicht einen immensen Sog entwickeln könnten, sobald man den unsinnigen Versuch unternimmt sie verstecken zu wollen. In einer Gesellschaft, die, geschult durch langjährige Fernsehunterhaltung, „hart aber herzlich“ und „hart aber fair“ tief im Herzen trägt, darf nicht die Angst das Wort führen, sondern die Fähigkeit, alle Fragen die ein Buch aufwerfen kann, auszuhalten und mögliche gemeinsame Antworten in die Tat umzusetzen. Alles andere ist mit den Gedanken einer demokratischen Freiheit und den Toten des zweiten Weltkrieges nicht zu vereinbaren.

Ein Widerstandskämpfer. Bitte klicken.

Bild:„hitler-s-nopop“ ©2010 crschulz, kulturproduktion