Dienstag, 30. November 2010

Schlichter Spruch zerredet Demokratiebewegung

Sieht das cool aus, oder was?














Es verwundert nicht, dass der heutige Schlichterspruch ein Lächeln auf das Gesicht der Verantwortlichen der Deutsche Bahn zaubert. Obwohl die von Herrn Geissler auch medial geschickt gelenkte Schlichtung auf die meisten von uns ausnehmend gerecht wirken soll, letztlich sind alle Beteiligten ins gemeinsame (sic!) demokratische Boot gekommen und haben das berühmte „Gespräch auf Augenhöhe“ möglich gemacht, ist unklar, ob auch alle mit heiler Haut aus der Situation heraus gekommen sind. Apropos Augenhöhe: das bisherige Gefälle der politisch Verantwortlichen gegenüber dem Engagement der Bürger könnte wohl nicht klarer ausgedrückt werden als mit diesem Zitat des Tages. Tatsache ist, dass Stuttgart 21 rechtlich immer auf sicherem Boden stand und ein Gespräch nur stattgefunden hat, um die öffentliche Brisanz der Bürgerbewegung zu entschärfen und vom Demokratiebegriff zu entkoppeln. Ein modifizierter Bahnhof oder „S21plus“ dürfte daher keine Überraschung sein. Einige etwas deprimierte Gesichter von K21 Befürwortern zeugten sympathischerweise von echter Hoffnung auf mögliche Veränderung. Die sogenannte Bürgerrechtsbewegung hat in einer großen Detailversessenheit ihre Professionalität überzeugend dargestellt, jedoch damit viel zerreden lassen und detaillierte Informationen geliefert, um Stuttgart21 nun auch öffentlich wasserdicht zu machen. Es wurde ja alles getan ... Die Demo-Luft dürfte bei vielen empörten, weil ungerecht behandelten Menschen, eine wenig raus sein. Wenn gestandene Landesväter plötzlich behaupten, seit den Prozessen um S21 viel gelernt und wichtige demokratische Erfahrungen gemacht zu haben, wirft das ein grauenhaftes Licht auf den Stand von Erfahrung und Emphatie der von uns gewählten Politiker. Jedoch ist das politische Ziel der Befürworter der Rechtssicherheit erreicht: das Ende der gefährlich großen Demonstrationen. Sie sind näher an der Bürgerrevolte gewesen als vielen bewußt war– auch für die Bundespolitik keine entspannte Situation. Ob sich neue demokratische Verfahren als Resultat der Stuttgarter Gesprächskultur abbilden lassen können, wird man noch beobachten müssen. Das bedeutet für die politische Klasse ihre Macht ab- und in die Hände des Volkes zurückzugeben. Die Historie hat gezeigt, so etwas passiert selten aus Einsicht. Herr Geissler muss sich nun für das eigentlich dürftige Schlichter-Resultat als Erneuerer der Demokratie feiern lassen. Das dürfte ihn selbst überraschen.

Donnerstag, 25. November 2010

Neues Morsbroich Neues Rheinland


























Das Museum Morsbroich muss tief in die professionelle kuratorische Trickkiste greifen. Die unter der Ko-Kuratierung von Markus Heinzelmann stehende Ausstellung, trickreich Neues Rheinland genannt, versucht eine lose Gruppe von Künstlern, oft aus dem direkten Galerienumfeld Leverkusens, mit den Leistungen der ZERO Gruppe und nicht näher bestimmten Größen der 1980er Jahre zu verknüpfen. Gleich einer Corporate Identity werden diese Künstler der 1970er Jahrgänge nun „Neues Rheinland“ und „Postironische Generation“ gelabelt, sollen doch alle Teilnehmer ein gemeinsames Interesse an bestimmten Themen haben. Diese Themen stellen sich als die Ablehnung der Ironie heraus, die man durch Ernsthaftigkeit und Humor ersetzt sieht. Ein Schachzug. Humor steht hier für die Hinwendung zum Trotz-Allem. Nur, es fehlt der rechte Glaube an eine im Kapitalismus groß gewordene und zusammenhängende Generation – in Zeiten fortschreitender Entropie – die man so einfach auffächern könnte. In der Ausstellung sind Künstler einer Generation, denen vor allem akademische Humorlosigkeit, die überzogenen Einkommensvorstellungen der 1980er und die Resignation vor ihrer eigenen politischen Rolle bei den globalen Problemen eigen ist. Galt es doch stets die ausgetretenen kapitalistisch vorgeprägten Wege und die Strukturen nachzuzeichnen, um sich am Markt behaupten zu können und dennoch eine angeblich verinnerlichte Kapitalismuskritik vor sich her zu tragen. Selten findet man so viel Hochmut und fehlende Distanz zur eigenen Arbeit wie in den Ausstellungen und Galerien dieser Leute. Die erneute Hinwendung zum Handwerk und zu seltener eingesetztem Material könnte auch als ein deutliches Zeichen für die anstrengende Substitution von Inhalten gelesen werden. Ein Spagat. Auch die Gegenüberstellung von Ironie und Ernsthaftigkeit als Gegensätzliches ist als Ansatz eher fragwürdig, oder, wenn man die Begrifflichkeiten definiert, deutlich verkopft.  Man wird sehen, ob eine ernstgemeinte Ausstellung in Leverkusen zustande gekommen ist oder ob man einigen, mit dem Museum verbundenen rheinischen Galerien den Gefallen tut etliche ihrer Künstler zum Jahreswechsel noch mal unter der markanten Sammler-Headline des Neuen Rheinland aufzuwerten.
Aber wo ist das im Homepagetext des Museums postulierte Engagement der Künstler? 
Und worin besteht es? Es wird Zeit die Dinge zu Ende zu denken. 

Dienstag, 23. November 2010

RFBK. Aufruf zur Revolution der Künstler.


Offene Wege.















Es ist soweit. Die Gesellschaft und die Medien sind zwar gefühlt durchdrungen von Kunstpräsentationen beinahe heilsbringerischer Ausmaße, nur klafft die Schere zwischen einer gesamtgesellschaftlichen Diskussion, den Menschen ausserhalb des Kunstdiskurses und den Künstlern, soweit auseinander wie nie. Was die Kirche seit langem erlebt steht der Kunst noch bevor. Eine stärker werdende Spaltung versucht ein neues Projekt mit dem Namen „Revolutionäre Front Bildender Künstler“, und dem Kürzel RFBK zu überwinden. Die bisherigen bildnerischen Kunstformen werden rigoros in Frage gestellt, um z.B. über das radikale Hinterfragen des Künstlerbildes, zu gesellschaftlich relevanter Kunst und einer elementaren, auch politisch sich verantwortlich zeigenden Bildsprache zu gelangen. Offenbar kann man in die RFBK eintreten, sich selbst damit zu einem Künstler subversiver Prägung erklären und Vorschläge zu völlig neuen Kunstformen hinterlassen. Kritische Künstler in die RFBK. Endlich geht's los ...

Mehr zur Mitgliedschaft in der RFBK hier klicken.

Freitag, 19. November 2010

Migros kauft Mecksepers Ölbohrturm


Der Bohrturm ist von Thomas aus dem Spielzeughandel und dieser Blog bekommt dafür kein Geld.
























Liebe Frau Josephine Meckseper,
es ist ein weit verbreiteter Irrtum zu glauben, politische Kunst würde aussehen wie ein nachgebauter Ölbohrturm. Das ist so schlicht, wie es die künstlerischen Auffassungen derjenigen bedient, die sich mit der Goutierung plakativer Kunst für gesellschaftskritisch halten. Das Gegenteil ist der Fall. Produkte dieser Art manifestieren und unterstützen auf geradezu perfide Weise das System, das zu kritisieren man vorgibt. Sie fahren Ihr freudiges Schifflein offenbar ohne Angst, aber eine unmutige Brise blaeht die schlaffen Segel. Überraschenderweise nimmt die Migros-Bank mit dem Ankauf der Arbeit teil am erkenntnisfreien Fall. Sie geben aber auch eine Zeitschrift heraus. Die ist kritisch und das stimmt dann doch freudig. Kommen Sie in die RFBK.



Samstag, 13. November 2010

J.L.Byars im Schloss ohne Zukunft

LED Leuchte eines unbekannten Meisters























Frustrierend ist der Umstand, das im Rahmen der Quadriennale Düsseldorf Arbeiten von James „I'm from the future“ Lee Byars nur im Schloss Benrath gezeigt werden. Als ich vor dem Schloss stehe, erfahre ich, das Einlass zu Byars nur mit einer Führung möglich ist. Soweit so gut. Kann man akzeptieren. Die Führung wäre eigentlich auch jetzt um 11. 00 Uhr, da hätte ich normalerweise gerade Glück, sagt die Kassiererin, aber heute wäre die Führung ausgefallen, da keine Besucher da gewesen seien. Ausser mir versteht sich. Ich schaue auf die Uhr. Es ist 11.00 Uhr. Düsseldorf, die Kulturstadt? Danke schön. Für eine Fahrt von der Innenstadt nach Benrath braucht man mit der Strassenbahn etwa eine halbe Stunde. Das macht über eine Stunde überflüssiges Herumfahren. Die Dame an der Kasse hat mir dann netterweise handschriftlich die Führungszeiten aufgeschrieben. Denn gedruckt waren sie nicht zu haben. Die nächste Führung war drei Stunden später. Mein Interesse für James Lee Byars war eigenartigerweise ein wenig erlahmt. Beehren Sie uns bald wieder.
Mit meinen persönlichen Grüßen an die Leitung der Quadriennale.

Carsten Reinhold Schulz

Beuys d'Ackermann

























Beinahe unheimlich empfehlenswert ist die Düsseldorfer Beuysausstellung „Parallelprozesse“, die von Marion Ackermann verantwortet wird.  Dort kann man zwar keine Weihnachtsgeschenke kaufen, aber man kann etwas sehr Aktuelles mitnehmen: die Vorstellung einer absoluten Hinwendung zum Leben, die im vollen Glauben an die Kunst mündet. Das geradewegs leichtfertige Gefasel der Zeitschrift Monopol zu dieser wunderbar klaren Ausstellung im Düsseldorfer K20 ist theoretisiert und nicht empfunden. Das macht die dort notierte Kritik zum Fehlen des Künstlers Beuys in seinem Werk, (eine ewige, unsinnige journalistische Litanei ...) praktisch wertlos. Kaum eine andere Kunst fordert so leicht zu einfachen Fragen auf, Fragen die jeder in der Lage ist zu stellen. Kaum ein anderes Werk ermöglicht so direkte, persönliche, menschliche Zugänge in einer hochaktuell gebliebenen Kunst. Eine wunderbare Überraschung ist die letzte Arbeit des Künstlers mit Obstleiter, Stahlseilen und zwei Eisenkugeln.

Hingehen. Und dann nochmal hingehen.

Joseph Beuys
Parallelprozesse
Bis 16. januar 2011. K20 Grabbeplatz, Düsseldorf

Salonkunst für Flingern


























Als die WELT vor kurzer Zeit den Vergleich anstellte, Flingern sei das Kunstviertel Düsseldorfs auf internationalem Niveau, so dürfte das die Stadtväter und die Tourismusbranche gefreut haben. Eine neue, wenn auch temporäre Einrichtung in Sachen Bilder im Viertel, dürfte der Kunstsalon Flingern sein. Die ehemaligen Räume der Galerie Walbröl (zu Zeiten als das Wort Gentrifizierung nur in echten Großstädten bekannt war) und spätere Fotostudio des Portrait-Fotografen Emil Zander, wurden nun nach dem unsanften Rausschmiss des hundefreundlichen Designladens mit dem funktionalen Namen „Unterhaltung“, wieder mehr in Richtung traditioneller Kunst und Fotografie gerückt. Um den Fotografen Zander herum, der auch selbst ausstellt, gruppiert sich eine Gruppe Kunstschaffender aus dem umliegenden Stadtgebiet.
Denkenswert: wird in Berlin ein Raum frei, findet sich schnell eine Gruppe Wilder die mit neuen Positionen zumindest den gemeinsamen Willen zeigt die Kunst zu verändern. In der heimlichen Hauptstadt der plastischen Schönheitschirurgie Düsseldorf wird aus solchen schönen Gelegenheiten eine vorweihnachtliche Verkaufsaustellung mit zumeist schön gerahmten Arbeiten. Das macht vermutlich den kleinen Unterschied zu Berlin und allen anderen Hauptstädten dieser Welt aus. Joseph Beuys war es, der einmal feststellte, daß man sich in Düsseldorf zwar in Ruhe seine Projekte ausdenken könnte, realisieren müsste man sie jedoch woanders.
Dieses Klima ist kaum abzuschütteln und wirkt gelegentlich irritierend.
Kunstsalon in Flingern,
Ackerstrasse/Ecke Dorotheenstrasse
bis 21. 12.2010

Brewster Stereoskop