Mittwoch, 29. September 2010

Gerhard Richters Matrosen kann man verkaufen.





















Warum sollte die Bremer Weserburg ihren Gerhard Richter und ihren Franz Gertsch nicht verkaufen, Frau Catrin Lorch? Vollmundig verkünden Sie den Ausverkauf des Bremer Museums und bemängeln gleichzeitig seinen sprachlichen Umgangston der, wen überrascht es, aus dem Fundus der Unternehmensberater zu stammen scheint. Museen sind Unternehmen und denken und fühlen auch so. Sie sind keine hehren Orte der geheimnisvollen und wertigen Archive der Menschheit. Museen produzieren zumeist nur noch rotierende Klischees unserer angeblichen Werte-Wirklichkeit. Das ist jedoch nichts Neues. Es ist allemal besser sich von ein paar Bildern zu trennen, um der ursprünglichen Idee eines Sammlermuseums konzentriert nachzukommen. Das dürfte grössere Chancen auf  inhaltliche Bewegung und zumindest gelegentliche Überraschungen bieten. Auch ein Richter ist nur ein Gemälde, ein Bild, in postmoderner Zeit entstanden und bewertet. Der Künstler lebt noch. Geben wir ihm eine Chance. Und den Ideen der Weserburg auch.

Mittwoch, 15. September 2010

Antony Gormley und Bregenz: eine unheilige Allianz























Wir lesen vom Künstler selbst platziert:
“Die Figuren erzeugen ein Feld, in dem Menschen mit aktivem, wachen Verstand aufgefordert sind, Raum und Distanz innerhalb dieses Feldes statischer Eisenfiguren zu messen. Skifahrer und Wanderer werden zu einem Teil dieses Feldes. Die Installation würdigt so die tiefe Verbundenheit zwischen dem sozialen und geologischen Raum, zwischen Landschaft und Erinnerung“, so Antony Gormley über sein Kunstprojekt. Gemeint sind sage und schreibe 100 gusseiserne Skulpturen mit einem Einzelgewicht von 640 Kilogramm, die im Bregenzer Wald auf 2034 Meter Höhe gestellt, das bisher größte österreichische Skulpturenprojekt ausmachen sollen. Was in Österreich passiert, ist ja gerne mal politisch-eklig, tendenziell abseitig oder muss gleich irgendwelche Größenordungen sprengen.
Grundsätzlich ist es schade und „für Menschen mit wachem Verstand“ im Ansatz auch anmassend, dass man beim Erwandern von Landschaft und Natur oder dem was von ihr übrig ist, erfahren muss, dass sie allein offensichtlich kein selbsterfahrbares Erlebnis mehr darstellen soll. Diese Kunstaktion ist offensichtlicher Aktionismus für den Durchschnitts-Tourismus der Region. Er spielt fahrlässig mit der Rest-Natürlichkeit dieser Kulturlandschaft über der Baumgrenze und der darunter. Nicht die tiefe Verbundenheit zum sozialen und geologischen Raum wird hier manifest, sondern die weltweite Tendenz jeden öffentlichen Raum mit einer vermeintlichen Kunst auf ominöse Art nachhaltig zu verbessern. Das mit erhelblichen Kostenaufwand und Transport-Hubschraubern durchgesetzte Projekt ist offensichtlich für die Ewigkeit angelegt und nicht nur temporär gemeint. Das bleibt abzuwarten. Dem initiierenden Kunsthaus Bregenz, dem Künstler selbst und der Politik in Österreich ist hier eine unheilige Allianz gelungen.
Es zeugt von Grösse und Einsicht Dinge auch mal nicht zu tun. Ein Konzept ist manchmal erst sinnvoll, wenn es ungemacht bleibt, das hat schon Ilja Kabakov in seinem Palast der Konzepte definiert. Alles was geht muss man nicht tun. Die Atombombe konnte gebaut werden, also wurde sie auch gebaut. Der gute Wille mag ja eine wesentliche Hinwendung gewesen sein, aber der gute Wille eines Künstlers kann nicht gleichzeitig die Rechtfertigung für jedes künstlerisch gemeinte Grossprojekt sein. Die fahrlässig naive Art Gormleys wird deutlich bei seiner Aussage, das die Figuren keine Skulpturen darstellen, sondern Orte an denen Menschen gewesen sein können: frommer Wunsch oder schon Geschwafel? Eine überheblich geführte Kunstdiskussion und ihre künstlerische Produktion entwickelt Tendenzen wie der Satelitenschrott im Orbit.
Man muss zusehen, daß man ihr ausweicht.

Mittwoch, 8. September 2010

Felix Warhol und Andy Droese





















Die Behauptung, die noch stets so genannte Kunst der Popart und speziell die von Andy Warhol könnte sowohl als Vergötterung oder als Verstörung einer politisch durchgesetzten Gesellschaft- und Wirtschaftform gesehen werden ist falsch. Sie ist ausschliesslich was sie ist: reine Hommage an die Diktatur der Marke. Es ist der geile Versuch „to have the cake and eat it“. Die Ablehnung einer Handschrift und fehlender  nachvollziehbarer individueller Zugang zum System Bild sind möglicherweise folgerichtig zu nennen, aber führen als Idee vom Menschen weg in die absolute Beliebigkeit einer banal gewordenen, weil instrumentalisierten Welt. Man sollte ernsthaft darüber nachdenken, ob die Arbeiten der popart tatsächlich noch unter Kunst einsortiert werden müssen. Das schafft sehr viel Platz in den Museen. Eigentlich sollten die Popart-Sachen in die Kaufhäuser von Karstadt und Supermärkte der Aldikette. Nicht die von Felix Droese. Na gut, die auch.

Dienstag, 7. September 2010

Blue Efficiency: Mercedes Benz lernt von China?
















 Es ist Zeit der deutschen Werbung einige Aufmerksamkeit zu schenken. Sie ist im Koordinatensystem kultureller Wahrnehmung eine nicht zu unterschätzende Größe. Es ist jedoch eine französische Automarke, die mit einem existierenden und funktionsfähigen Elektroauto im Fernsehen, gut gemacht übrigens, für sich und die freundliche Zukunft wirbt. Tatsächlich ein reines Elektroauto. Ein wenig ist mein Glauben an die Menschheit dadurch zurückgekehrt, das muss ich zugeben. Diese Firma wird für alle Zeiten meine Symphatie haben, das Quentchen Vorsprung bei der Entscheidung für eine Automarke, sollte ich mir mal ein Auto gönnen.
Einige Tage später sehe ich in einem Spot von Mercedes-Benz, einst grosser Autobauer, das eben die Marke Benz 85 Automobile mit der sogenannten Blue-Efficiency Technologie ausstatten will und sich das groß auf die Fahne schreibt. Schon das sich die eingebaute Technik, wie z.B. der Benzinsparmodus an Ampeln auf freier Strecke laut Magazin Focus wieder ausgleicht, ist vom dürftigen Anspruch her eher witzig zu nennen. Niemand kann sich erklären, warum ein Mix aus allen möglichen Zusätzen zum Verbrennungsmotor als ökologischer Heilsbringer mit effektivem englischen Namen verkauft wird. „Blue Efficiency“ – eine neue Technologie geht anders. Ein neue Technologie würde alles, alles, alles versuchen. Hat da jemand die eigentlichen Ideen verschlafen oder steckt da ein müder Kopf noch stets im zwanzigsten Jahrhundert? Ich hoffe, es gibt nicht noch schlimmere Gründe. Wie sieht es aus in der Etage wo die Kommunikation gemacht wird? Kunden sind Menschen und die sind nicht dumm, auch Automobilisten nicht unbedingt: die Frage nach einem neuen Antrieb, der die Menschheit von der Geissel der Erdölabhängigkeit befreit, ist eine kulturell überlebenswichtige, deutlich zentrale Frage. Sie stellt, nicht zuletzt, die Weichen für vollkommen neue Perspektiven des Zusammenlebens von Menschen. Was soll da ein pseudoindividualisiertes Lavieren mit Aggregaten für Super und Diesel? Was soll das im Jahre 2010? Firmen die sich immer noch gegen diese offensichtliche Bewegung stellen, beginnen jetzt ihr Image für die Zukunft zu zerstören und arbeiten gegen strahlende Potentiale ihres eigenen Unternehmens. Strategien kann man riechen und das riecht alles nicht wirklich gut.
In diesem Vorgehen der meisten deutschen Autobauer, das vermutlich auch politisch gedeckt ist, wird augenscheinlich, was bereits die deutsche Mainstream-Politik und die öffentliche Kultur uns klarmacht: das Fehlen von Visionen oder erträglichen Entwürfen für die Zukunft bei fast allen Entscheidungsträgern. Die Verantwortung für spätere Generationen wird leichtfertig verspielt, um Reste von Verkaufspotential noch mitzunehmen, ungeachtet der für Lösungsfindungen bereits sehr fortgeschrittenen Zeit. Erst werden die Regale geräumt, dann kommt die Neuware ...
Stuttgart 21 macht uns in kleiner Version vor was passieren wird. Politik muss den eigentlichen Souverän der Demokratie wieder verstehen lernen. Und die Kultur, ja, die Künste, sollten endlich beginnen sich neu zu definieren und ihre Stimme zu erheben.
Einmischen.


Eine Kiste deutsches Öl.

Montag, 6. September 2010

Reaktionärer Blödsinn: das Holocaustdenkmal für Homosexuelle






















Auch wenn das alles schon ein wenig her ist. Es sollte uns weiter beschäftigen. Das Zustandekommen solcher Erinnerungsungetüme ist politisch abenteuerlich und aus meiner Sicht bitter für alle kulturell engagierten und interessierten Menschen, sowie auch für diejenigen, die in Trauer an ermorderte und gequälte Freunde oder Verwandte zurückblicken auf die Horrorzeit der Nazis und die zugehörigen Folgen. Der augenscheinliche Inhalt dieser Skulptur ist banal bis einseitig zu nennen, alle plakativen Verweise auf die sexuelle Ausgrenzung zum Trotz. Ich vermisse schmerzlich eine künstlerische Haltung, eine persönliche Handschrift, eine Emotion, die nicht mittels einer reaktionärer Begriffsdeutung gesellschaftliche Klischees über schwule Männer hofiert. Solche Denkmäler müssen unbedingt darüber hinausweisen. Der isolierte und bestenfalls akademische Zugang zur Tragödie einer Vernichtung von Menschen aus rassistisch-sexuellen Motiven bleibt im Klischee stecken und bezeugt höchstens einen kleinen Ausschnitt aus schwuler Lebenswirklichkeit (die übrigens freiwillig fortbesteht) und bietet ansonsten viel formal retuschierte Leere. Wenn eine erklärende Plakette dran ist wird man wohl trotzdem hingehen. Wenn man sich jedoch die Entwürfe der anderen Künstler ansieht, die in der Berliner Akademie der Künste ausgestellt waren und die auch so illustre Namen wie Wolfgang Tillmanns und Isa Genzken auswiesen wird einem erst richtig Angst und Bange. Gerade ihre Arbeiten sind an Arroganz und Dummheit kaum zu überbieten.
Deutschland deine Künstler … (sind mit den Gedanken woanders).