Montag, 31. Mai 2010

Ruth Leuchter, die Erste.




















Han Schuil, Martijn Schuppers und Ab van Hanegem. So heißen die drei niederländischen Künstler die Ruth Leuchter als erste in ihre neuen Galerieräume an der Lindenstrasse gelassen hat. Ab van Hanegem ist es zugefallen, die Ausstellung trotz oder gerade wegen eigener Beteiligung zu kuratieren. Die Niederlande scheint an diesem Abend omnipräsent  zu sein, Flingern und sein kreatives Flair hat immer noch mehr Fahrradfahrer als jeder andere Stadtteil Düsseldorfs. Galerien mit Traute sind in Düsseldorf insgesamt nicht richtig beheimatet, da freut es um so mehr, wenn sich Galeristinnen ansiedeln, die eindeutig gute Arbeiten von schlechten unterscheiden können. Ruth Leuchter ist mit Lust und Verstand bei der Sache. Das zeigen die liebevoll umgestalteten Räume, die bereits als  Präsentationsfläche für Off-Kunst erprobt waren. Nicht zu vergessen: der entzückende Hinterhof. Die Verteilung der Räume wirkt einladend persönlich und ist ein schöner Kontrast zu den immer musealer werdenden Wirkungen die manche Galeristen zu erzielen versuchen. Ruth Leuchter zeigt sich offen, vorhanden, ist symphatisch ansprechbar und ohne Berührungsängste inmitten einer Kiez- Umgebung, die sich als gutes Kunstumfeld für jüngere Galerien immer wieder beweisen muss. Ab van Hanegem, der eine sehr sichere Hand bei der Kombination von Raumwirkungen durch malerische Gesten und der Nutzung von Schablonentechniken hat, die übrigens auch gerne in der Streetart Verwendung finden, verbindet seine farbig-gelösten Bilder mit den eindruckmachenden, signalhaften Arbeiten auf Aliuminium des 1958 geborenen Han Schuil. Was diese Maler zusammen ausstellen lässt ist etwas schwer zu erkennen. Han Schuil kombiniert überzeugend Wirkungen und Material aus der jüngeren Kunstgeschichte, Ab van Hanegem ist in der Lage, beinahe surrealistische Assoziationsräume auf überraschende Art zu umgehen. Das kann beides richtig Spaß machen. Der dritte Künstler ist Martijn Schuppers, der, ich möchte es lapidar ausdrücken, eine Art emulsionsgesteuerte Malerei bevorzugt. Das Ergebnis ist so etwas wie ein schönes Bild, über das man eigentlich nicht mehr sprechen kann und das damit Anlass zur Entwicklung eines theoretischen Überbaus evoziert.
Insgesamt jedoch eine gelungene Ausstellung der Galerie Ruth Leuchter, die mit einem einzigen Künstler möglicherweise einen klareren Auftritt hätte verbuchen können. Dieses künstlerkuratierte Experiment zeigt aber den seltenen Willen zum Neuland und lässt in das noch zu erwartende Spektrum der Galerie schauen. 
Auf jeden Fall selber ein Bild machen. 
Empfehlenswert.

hermannstr. 36 / ecke lindenstr. | 40233 düsseldorf
phone: +49 (0)211 32 97 91
mobil: +49 (0)172 2 70 39 42
fax: +49 (0)211 13 20 91
Di-Fr. 13.00 - 18.00 Uhr
Sa.    13.00 - 16.00 Uhr

Freitag, 28. Mai 2010

Über-Ich, Übermüll.























So man will, ist es das Unbedeutende das Auskunft geben kann. Was unbedeutend sein soll, wird durch entsprechende Vorteile zur Durchsetzung persönlicher oder gesellschaftlich angedeuteter Ziele bestimmt. Vorteile sind dabei die zumeist kurzsichtigen Attribute von Einfluss und Wohlergehen. Sie werden durch massive Werbeunterstützung medial vorgelebt und mutieren – so schlicht sind wir gestrickt – zu sogenannten guten, bzw. präsentablen Lebensvorstellungen. Da für die meisten Menschen das Leben kurz wirkt, vermutlich weil sie die lebensverlängernden Momente von Stille mit denen der Langeweile verwechseln, ist schnelle Konsumption längst Routine. Produkte zu nutzen bedeutet, im Jahre 2010 trotz aller Aufklärung mehr denn je, auch den Abfall durch seine Finanzierung beim Kauf mitzuproduzieren. Diese Ummantelungen, Schachtelungen, Verpackungen, Einschnürungen, Dämm- und Dämpfungsmaterialien lesen sich bereits als Begriffe wie tiefenpsychologische Deutungen heutiger Lebensmodelle. Schneller Verbrauch ermöglicht die mentale Verdrängung einer sich stets wieder einfordernden inneren Leere. Konsum westlicher Prägung dient damit der Unterdrückung von systemerneuernden Ideen und Ressourcen. Reste des Konsums heißen nach unserem Sprachverständnis derzeit noch: „Müll“. Die mit unfassbaren Verrottungszeiten ausgestatteten Entsorgungsprodukte glitzern zunehmend als Plastik auf den Meeren dieser Welt und formen sich mit Hilfe von Wind und Gezeiten zu bis in den Weltraum hinaufspiegelnden Inseln unseres Seins. Als Masse ist Müll somit das umfangreichste kulturell motivierte Produkt unserer offensichtlich auf Vereinigung zielenden Zivilisationen.
Als Signal für notwendige Transformationen ist er ein Indikator der wichtigsten Zukunftsentscheidungen und ebenso erschütternder Beweis menschlicher Borniertheit, Arroganz und Schwäche.
Schwäche ist somit das Material jeder wichtigen Kunst im 21. Jahrhundert.

SAVE THE BEACH
Visit the
Beach Garbage Hotel
Reception
Thursday, June 3rd, 2010, 7:00 p.m.
Sant Angelo Castle, Rom, Italy

Montag, 17. Mai 2010

Die Versuchungen eines jungen Kurators



















Formen verschleiernder Rhetorik  haben längst auch einen festen Platz im Handwerkszeug des Kurators bildender Kunst erhalten. Wie entstehen eigentlich die auratisch scheinenden Titel der großen und kleinen Kunstausstellungen? Die Würfe und grossen Gesten des Musealen? Um allen interdisziplinär Interessierten Einblicke in die Methodik dieser wichtigen und nicht zuletzt sprachlich teilweise regelrecht wunderlichen Findungsprozesse zu geben, werde ich hier mehrere unterschiedliche Titel inklusive der zugehörigen Subline veröffentlichen. Daran lässt sich vieles ablesen, z.B. die politische Ausrichtung der Museumsleitung, ohne Details interpretieren zu müssen. Entsprechende Zuordnungen und Bewertungen sind dann einfach. Versuchen Sie es nach der Lektüre selbst mit Eigenfindungen. Als Novum und Bonus werden die unten genannten Titel frei nutzbar ab dem 01.06.2010 und für ganz junge Ausstellungsmacher kostenfrei zur Verfügung gestellt.

Kongruenz und Doppelung des Femininen
Die jungen Malerinnen des Bernauer Kreises

Blüten des Brachialen: Actionpainting und Körperkult.
Die frühen Serien des Ludger Horvaldson

Die Ächtung der Farbe.
Exkursionen durch die lange Herrschaft des Materials

Portrait und Selbsterhaltung.
Vierzehn Bild-Studien zu einer ungenauen Entwicklung um1980.

Trauma, Dada, Surrealismus:
das Unbewusste als Zweifelraum

Kultus und Zensus.
Die Vormundschaft der Erhabenheit.

Architektonisch orientierte Miniaturen.
Transatlantische Reliefs und Prägedrucke des 21.Jahrhundert.

Im Fremden die Zeichnung.
Bilder interdisziplinärer Distanzierung.

Flags, Constructions, Images.
Johns meets Tatlin.

Collage und Décollage:
Die obskuren Bildwelten Oswald Bidelens

Kunst als manifestierte Bewegung.
Die déformation professionelle in der aktuellen Kunst.

Brüder und Bluter.
Das Theater der Geschwister Blundhorst

L’ Harsch Gummé
Fetischbilder als Kulturtechnik der Unterdrückung