Die Art Cologne ist fast wieder rund und das Rheinland ist nicht kleinlich. Alles findet sich. Alle haben sich schon mal gesehen. An jedem dritten Stand winkt Imi Knoebel mit einem farbigen Unterarm und an jedem zweiten Messestand ein hölzerner Balkenhol. Ein solches Überangebot irritiert aber nur die letzten Gutgläubigen, die meinen, eine Kunstmesse habe vorrangig mit Einzigartigkeit zu tun. Imi und Stephan gehen halt gut ... Das Klima auf der 2010er Kunst-Messe ist deutlich gelöster als noch vor zwei Jahren. In dieser Zeit fraternisierte man nicht mit den Galerie-Konkurrenten, die mittlerweile wieder Mitbewerber heißen. Man ist voll Liebe für den Anderen und deutet ein einladenes Lächeln an. Tatsächlich dürfte dieses Klima für eine Messe wie Köln immens wichtig sein. Die immer für Überraschungen bereite Galerie Steinek aus der Wiener Eschenbachgasse, aus dem übrigens gut vertretenen Österreich, hat ihr letztes Fernbleiben auch mit dem Erkalten der Gefühle zwischen den Kunst-Anbietern zu erklären versucht. Ich habe ihr sofort geglaubt. Die eben genannte Galerie gehörte auch zu den Ständen, die definitiv einen zweiten Blick lohnten. Mit Clemens Wolf wurde ein Künstler mitgebracht, der aus dem derzeit interessanten und schwierigen Terrain der ehemaligen Illegalität Wege sucht, einmal erfundene Bilder der sogenannten Street-Art weiterzuentwickeln und an die Geschichte des Tafelbilds wieder anzudocken. Das ist ein wichtiger und sehr jetziger Ansatz, nicht nur ein wirkliches - weil kaum merkliches - Spiel mit der Monochromie. Man kann bei diesem Künstler die Ernsthaftigkeit seines Tuns daran ablesen, dass seine Malerei stark aus urbaner Tiefe und gleichzeitig aus einem versuchenden Spiel schöpft. Überzeugende Bilder, platziert hinter einer etwas überzogen wirkenden goldenen Installation, die man zum Betrachten der Bilder erst überwinden musste.
Wenn der Besucher schließlich die Küsschen-Schwärme und schwirrenden Fotografen der für all ihr Tun belohnten Gruppe Grässlin – mit einem sehr schönen Herbert Brandl – hinter sich gelassen hat und danach das gleichbleibend mechanistische Weltbild des Konrad Klapheck bei der Bank von Schönewald & Beuse überwindet, entdeckt bei der Hamburger Galerie Levy plötzlich einen interessanten Menschen und Künstler: Friedrich Einhoff. Bilder mit Sensibilität, eine moderne, sinnhafte Auseinandersetzung mit dem Menschenbild, eine poetische Tiefe ohne Übertreibung und ohne Anbiederung. Kaum zu glauben und weitgehend unbekannt.
Dann geht es schon weiter mit den vollständig überbewerteten Bildern von Katharina Grosse bei der Galerie Nächst St. Stephan. Eigentlich findet man nur etwas unfreiwillig Amateurhaftes darin. Ein Eindruck der vielleicht mit einem auf Kunsthallengröße aufgeblasenen Format wieder verschwinden kann. Zum Glück hat auch diese Galerie schlauerweise den talentierten Brandl als Ausgleich mitgebracht. Überzeugende Arbeiten beim Auftritt der Galerie Onrust aus Amsterdam, deren programmatischer Name allerdings erstmal an ein wilderes Konzept denken lässt. Unbedingt denkenswert die Arbeiten Anish Kapoors bei Paragon Press aus London. Seine Radierungen „Untitled from shadows“ treten als wirkliche Ideen auf. Wenn alle nur zitieren und Bezug nehmen sind echte Ideen selten.
Überaschungen hat keiner gesucht und auch keiner gefunden. Eine Menge Galerien aus dem Rheinland ließen sich international finden. Die Nähe zur Kulturhauptstadt 2010 mit dem angeblich an Kultur so reichen Ruhrgebiet ließ sich dagegen überhaupt nicht bemerken. Zwei Galerien waren da: Utermann aus Dortmund, Schlag aus Essen - war Essen nicht auch Kulturhauptstadt?
Egal: Köln ist für einige Tage wieder Cologne gewesen und dann eben eine ganze Welt für sich.