Mittwoch, 23. März 2011

Sammlung und Anspruch: „Was uns antreibt“ in der WGZ




























Man kann auf verschiedene Arten seinen guten Ruf verspielen.
Kunst dient in vielfältiger Weise dazu einen Ruf und das zugehörige Sozialprestige zu festigen. Dieser Umstand gilt unbedingt, wenn man eine Bank ist, die über eine nicht unbedeutende Kunstsammlung verfügt und deren kuratorische Praxis darin auch von innovativen Ansätzen geprägt schien. Ein solcher Ansatz dürfte ein Minimal-Standard sein für einen adäquaten Umgang mit aktueller Kunst – vor allem, wenn man sich die Förderung junger Düsseldorfer Künstler auf die Fahnen geschrieben hat. Sollte diese Förderung ein Qualitätsanspruch sein, dann gilt es ihn zu bewahren. Er ist ein hohes, ein verletzliches Gut. Hier sollte Fingerspitzengefühl und Kompetenz agieren. Eine solche Sammlung schafft Verantwortung und wird von vielen Augen beobachtet.
Umso weniger ist die gestrige Ausstellung in der beeindruckend großen Halle der WGZ Bank an der Ludwig-Erhard-Allee 20 nachzuvollziehen. Die große Fülle an Besuchern und die höchste Riege der städtischen Führungselite konnten nicht darüber hinwegtäuschen, dass jeder Anspruch an die ausgestellte Kunst von der Bank ganz offensichtlich aus den Augen verloren worden ist. Weder ließ sich ein Zusammenhang oder eine begriffliche Klammer in der kuratorischen Umsetzung der Ausstellung finden, noch hatte sich die Berlinerin Ulrike Damm, als Verantwortliche, für Künstler entschieden, die eine echte Position auch nur entfernt zu vertreten gehabt hätten. Von Aktualität oder gar gesellschaftlicher Relevanz waren alle gezeigten Arbeiten so weit entfernt wie möglich.
Wenn der Vorstandvorsitzende der WGZ Bank, Herr Werner Böhnke, in den vorab ausgegebenen Informationen die „ ... sich rasant entwickelnde Gesellschaft “ anspricht und seinen Willen bekundet „ ... der Kunst angemessenen Raum zu geben“, dann sollte er sich auch für Kunst entscheiden die diesem Anspruch genügen kann. Alles Bildnerische der jetzigen Ausstellung, sei es das im informationsfreien Vortrag von Frau Damm zitierte Bild des Malers Roda („... saugt den Betrachter ins Bild“), oder die mehrfach bekräftigte (und sehr falsche) Behauptung der Maler Schneider hätte eine einzigartige Maltechnik entwickelt, weder die bunten Nashörner eines Nagel in „Radschlägerkampagnen-Manier“ oder die ermattende Methode verwischte Fotografien von Claes mit Malerei zu verbinden können noch auf fruchtbaren Boden fallen: das alles sind bestenfalls Befindlichkeiten, nur mühsam gestützt durch Allgemeinplätze und Begriffe eines bereits lange verrauchten kuratorischen Instrumentariums. Kein Experiment ist in den Werken wirklich zu spüren, keine Neuerung, keine Bewegung, keinerlei starke Haltung, bestenfalls verkürzende Reminiszenzen an künstlerische Vorbilder. Innovativ ist vielleicht, das die Kuratorin gleichzeitig auch Verlegerin des für 20.– EUR am Abend angebotenen Kataloges ist.
Die sich deutlich zeigende, auf weniger als das Mittelmass zielende künstlerische Perspektive der Ausstellung kann bereits als Verlust der Diskursfähigkeit innerhalb des aktuellen kulturellen Kontextes gewertet werden. Hier gilt es für die Sammlung die Notbremse zu ziehen, um nicht ins Unsägliche oder kulturell Provinzielle zu geraten. Mit der ursprünglichen Offenheit der Bank und dem früher oft unter Beweis gestellten Weitblick des für die WGZ-Sammlung verantwortlichen Ralph Hartwig sind versierte Voraussetzungen für reifere Intentionen vorhanden.
Abschließend lässt sich sagen, dass bereits im theoretischen Ansatz ein obskurer Weg gewählt wurde, Titel und Inhalt der Ausstellung mit einer Imagekampagne der Volksbanken zu verbinden und diesen Gedanken als Mehrwert öffentlich in den Pressetexten zu bekunden. Der Titel „Was uns antreibt“ zielt vorderseitig eher auf psychologischen Rückzug, auf Innerlichkeit, persönliche Kompensierung innerhalb der künstlerischen Arbeit und rückseitig zu durchsichtig auf ein niederschwelliges Imageangebot der Bank.
Mit einer sich rasant entwickelnden Gesellschaft oder echter Förderung von Kunst hat diese leichtfertige Ausstellung nichts zu tun.
Leider nicht empfehlenswert.

„was uns antreibt“
Foyer der WGZ Bank
Ludwig-Erhard-Allee 20
Düsseldorf, hinter dem Hbf
Öffnungszeiten:
9-19 Uhr, der Besuch ist kostenfrei

Montag, 21. März 2011

Internationale Briefe an „Das Zweite Feld“

Meisje. Hände. Colour.



















Eine, bitte. Eine, Bitte. Bitte, bitte, bitte, bitte.
Kannst Du mal par Namen nehmen von den: mir sagen.
Bin dankbar.
Dank-jewel.
Bin tier oder was?
Fool mich jetzt wie einsam tier unterwegs.
Ohne futter aus der vorbeigelaufen Mädchen Hände.
Mein animal ist mimosil. Mein animal ist mimosil.
Bin ganz voll die farbe und meine nase colour und augen eins.
habe gehört du machst die Künst?
zeker? zeker?zeker?zeker?zeker?zeker?zeker?zeker?
Du, super Mann ohne angst.
Pour toi wünsche ich auch viel mehr:
bei dir jetzt alles geht es gut ab Jetzt.
Unter diese nummer ich finde mich.
bin aber nicht sicher zonder hals.

O.K. O.K.O.K.O.K.O.K.O.K.O.K.O.K.O.K. O.K.O.K.O.K.O.K.O.K.O.K.O.K.
O.K. O.K.O.K.O.K.O.K.O.K.O.K.O.K.O.K. O.K.O.K.O.K.O.K.O.K.O.K.O.K.
O.K. O.K.O.K.O.K.O.K.O.K.O.K.O.K.O.K. O.K.O.K.O.K.O.K.O.K.O.K.O.K.
O.K. O.K.O.K.O.K.O.K.O.K.O.K.O.K.O.K. O.K.O.K.O.K.O.K.O.K.O.K.O.K.
O.K. O.K.O.K.O.K.O.K.O.K.O.K.O.K.O.K. O.K.O.K.O.K.O.K.O.K.O.K.O.K.
O.K. O.K.O.K.O.K.O.K.O.K.O.K.O.K.O.K. O.K.O.K.O.K.O.K.O.K.O.K.O.K.
O.K. O.K.O.K.O.K.O.K.O.K.O.K.O.K.O.K. O.K.O.K.O.K.O.K.O.K.O.K.O.K.

themes and songs from zonderland © daszweitefeld, düsseldorf 2011

Martynow, Kerstin Holm, FAZ
























Der Bericht im Feuilleton der samstäglichen FAZ, zur zehnjährigen Kulturproduktion des russischen Post-Komponisten Wladimir Martynow, macht nachdenklich. Er ist betitelt mit dem nahezu genialen Satz: „Große Musik ist auch nur eine Form von Arroganz“. Die Art und Weise jedoch, in der das Experiment des Herrn Martynow und seine Überzegung in einer Zeit zu leben, die nur noch für Nicht-Komponisten gemacht zu sein scheint und in der er dennoch Musik machen will, als schräge Hymne an den Dilettantismus abgetan wird, ist nett geschrieben, aber als Demontage gedacht. Richtiges beschreiben aber die falschen Schlüsse ziehen sind das Credo des Artikels von Kerstin Holm. Sind nicht Martynows, in der Überschrift anklingende, theoretische Ansätze nachvollziehbar folgerichtig und eine durchaus mögliche Essenz aus den künstlerischen und gesellschaftlichen Entwicklungen? Sind es nicht hauptsächlich die aus traditionellen Künstler-Schulen und Akademien resultierenden Kunstgattungen und Künstler, die keinen nennenswerten Beitrag zur Lösung zukünftiger gesellschaftlicher Aufgaben zu leisten imstande sind, weil sie die Konsequenz, die in ihrer eigenen, janusköpfigen Situation liegt, scheuen? Warum trennt die Autorin des Artikels gerade Martynows Streitschriften, von der sie sagt, daß sie in jedem Buchladen zu haben sind, und seine Hinwendungen zu Multmedia von seiner künstlerischen Produktion als Komponist? Auch Journalisten sollten keine Angst entwickeln vor den sich auflösenden Formen traditioneller Kunstproduktion und Genres. Das der ehemalige Komponist Martynow der Kunst im Allgemeinen eine Absage zu erteilen versucht ist natürlich unsinnig. Entweder bezieht er sich bei seinen Äusserungen auf traditionelle, durchlebte Kunstformen oder es handelt sich um eine ganz persönliche Lebensentscheidung, über die man einen ganz anderen Artikel schreiben müsste. Ein Künstler der sagt, „daß große Musik auch nur eine Form der Arroganz sei“, bestätigt letztlich nur mit lockerer Hand die Erkenntnisse eines Kultursoziologen vom Format Pierre Bourdieus, nach dem es auch oder gerade die angeblich edlen Formen der Kunst sind, die für die Legitimierung sozialer Unterschied sorgen. Das Postulat der heutigen freien Kunst ist, in Bezug zu ihrer Beliebigkeit und Systemkonformität, möglicherweise nur frei von weitergehenden Bedeutungszusammenhängen.

Das zweite Feld der Kunst.

Dienstag, 15. März 2011

Die Rolle des Künstlers nach Berger

„Selbstportrait im fremden Bild“, Carsten Reinhold Schulz, 2011




















Es gibt zum Glück immer wieder Äusserungen von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die ein wenig Licht auf die Rolle des Künstlers in heutigen europäisierten Gesellschaften werfen können. So äusserte sich Mathias Berger (in der SZ), seines Zeichens Leiter der Psychotherapeutischen Klinik in Freiburg und erklärtermaßen einer der führenden Köpfe der Psychotherapie, das „ ... die Therapeuten sich nicht wie Künstler gerieren sollten, die an etwas herumbasteln ...“, das sei „Eklektizismus“ – gemeint ist vermutlich versatzstückhaftes Arbeiten. Diese Vorstellung von der Arbeit des Künstlers ist hochinteressant und hat sich abseits der Kunstproduktion offensichtlich durchgesetzt. Es erscheint die künstlerische Tätigkeit als ein, weil bruchstückhaft oder „bricolierend“, von ernst zu nehmender wissenschaftlicher Arbeit strikt zu trennender Prozess. Somit schwebt die Vorstellung künstlerischer Arbeit heute tatsächlich übergreifend zwischen dem gerne beanspruchten genialischen Moment, dessen Ursache den meisten Menschen jedoch unklar bleibt, und einer schwärmerischen Fleissarbeit. Dennoch bestehen die Liebhaber von Kunst auf ihrem inhaltlichen oder formalen Mehrwert, der jedoch offenbar nur für relativ kleine Interessensgruppen repräsentativ zu bestimmen ist. Eine gesellschaftliche Bedeutung bekommt der größte Teil heutiger Kunst, da sie schon lange nicht mehr zu breitgefächerter Diskussion führt, noch mittels der plakativ-medialen Darstellung und haltloser Preise. Die Künstler selbst, bereits marktorientiert erzogen, bleiben zwischen den Stühlen stehen: auf der einen Seite müssen sie die eigentlich überlebte Präsenz des genialen Menschen aufrecht erhalten, der ihnen zum persönlichen Selbstverständnis zusätzlich den monetär unangreifbaren Teil des Bildwertes verspricht. Eine quasi göttlich vergebene Genialität scheint, trotz einer beispiellosen Zahl von Kirchenaustritten, erstaunlicherweise auch heute noch so gut wie unanfechtbar und stillt bereits das inhaltliche Verlangen nach ausgehandelten Substituten vieler Kunst-Käufer. Die sogenannte kreative Genialität sprudelt jedoch aus uralten Quellen lang gepflegter christlicher Erhöhungen, mit denen – im Gegensatz zu heutiger Auffassung – stets eine direkte Funktion des Schaffenden und seiner Arbeit verbunden war. Diese pseudo-religiös basierte Wertegrundlage widerspricht diametral den heutigen, beinahe ausschliesslich atheistisch ausgerichteten Künstlern. Die Entwicklung der Kunst hin zu einer psychlogisch motivierten, selbstreferentiell ausgesteuerten Tätigkeit, mit wiederholten, ermüdenden Bezügen zu bereits vorgelebten Formen künstlerischer Entwicklungsgeschichte, ist möglicherweise nur ein verklärter Ausweg aus dem Dilemma des Künstlers, der endlich neue gesellschaftliche Wege und Aufgaben auftun müsste. Dieses nicht zu übersehende Vakuum ist eine mögliche neue Aufgabe heutiger überpolitisch arbeitender Künstler. Die losen Enden zu verbinden sollte keine Aufgabe der Psychotherapie bleiben. Nach Herrn Berger versucht sie selbst gerade ein mehr wissenschaftlich fundiertes Terrain zu erreichen. Warum eigentlich?

Neue Formen der Kunst kann man hier ansehen und einstellen.

Samstag, 5. März 2011

Veraltete Kunst hinter sich lassen ...


 „Das Feld der Scheisse“, Carsten Reinhold Schulz / Das Zweite Feld / Google Übersetzer, ©2011, mehrsprachige Audio Datei

Eine diskussionswürdige Perspektive, um neu in das Feld der Kunst einzutauchen, ist die in anthroposophischen Kreisen nicht unübliche Vorstellung, die gestaltete Kunstproduktion sei mit ihrer Fertigstellung für den Künstler selbst unwichtig geworden, weil: abgearbeitet, überlebt durch Bearbeitung, Exkrementwerdung nach Erledigung. Aus dieser Haltung heraus lässt sich allerdings ganz prima eine internationale Kunstproduktion machen. Zum Beispiel über das Feld der Ehre, die Fields of Honour. Verdammt schöne Kreisläufe.

Das Zweite Feld der Kunst.

Sonntag, 20. Februar 2011

Auf Kunstmessen lernen.

























Obwohl der Neusser (sic!) Initiator der Düsseldorfer Kunst- und Antiquitätenmesse gerade die Remscheider Zeitung als Referenzblatt für sich beinahe Unaussprechliches sagen lässt, ist der Gesamtauftritt in der überschaubaren Messehalle 8 A nicht uncharmant. Das liegt zum einen an der geschickt-geschmackvollen Auswahl der größtenteil grauen Stand- und Wandfarbe. Zum anderen lässt sich in der Gegenüberstellung der allerdings wenig präsenten, aktuellen Kunst und exzellent gearbeiteten Antiquitäten schnell eine gewisse Bedürftigkeit auf Seiten der Kunst attestieren. So wundert es nicht weiter, daß viel Expressionismus und Altbewährtes zu sehen sein muss – neben dem armen, offensichtlich schlaflosen Robert Indiana, der an beinahe jedem Stand zu finden ist. Ganz stark: ein ganzer Raum voll schönster Matarés bei Vömel. Das konnte an Kraft und Finesse durchaus gegen die vielen hochwertigen und abwechslungsreich präsentierten Antiquitäten ankommen. Eine Messe also, bei der die Schwerpunkte noch etwas unausgewogen verteilt wirken. Verbessert man jedoch die Qualität bei der Auswahl der Galerien mit aktueller Kunst entscheidend, hat diese kontrastreiche Show eine spannende Zukunft und Expansionfähigkeit vor sich – auch weil der zeitliche Abstand zur unschlagbar scheinenden Maastrichter TEFAF gerade groß genug ist.

Kriwet, Ferdinand. Hörstücke, Konkretes.

























Ein bisschen wehmütig wird es oft, wenn die Kunsthalle ruft. Es ist jedoch eine gute Idee gewesen Ferdinand Kriwet, dem breiten Publikum hierzulande kaum noch geläufig, dem Schicksal des Vergessenwerdens nicht anheim fallen zu lassen – auch wenn seine Einflüsse bis heute spürbar sind. Herr Kriwet ist ein 1942 geborener deutscher Künstler, der aus der Kombination seiner Hörstücke und vielfältiger bildhafter Textbearbeitungen für jeden Interessierten gut zugänglich ist. Die Präsentation in der Düsseldorfer Kunsthalle bewegt sich jedoch auf einen etwas lauten, hauptsächlich collagierten Kriwet zu. Wenn sich einfache Ableitungen aus den Arbeitstechniken des Künstlers kuratorisch für die Präsentation herstellen lassen, scheinen die Wände jedoch gelegentlich überbunt. Ein wenig zu grob, zu voll für Nuancen. Zu laut. Zudem zeigt sich die Problematik in der Präsentation eines Künstlers der spartenübergreifend und audio-visuell gearbeitet hat in der Ausstellungspraxis: Die wenigen bereitgestellten Kopfhörer, um sich die tollen Hörstücke anzuhören, sind für die meisten Besucher anstrengend und scheinen den Betrachter beim Gang durch die Ausstellung zu isolieren. Eine andere Lösung als Filmbeiträge und Kopfhörer auf schlichten Bänken wurden für die Düsseldorfer Show jedoch leider nicht gefunden. Hier wäre mal richtig nachzudenken – mir fielen da ein paar schöne Sachen ein, das dürfte also auch dem Kuratorenteam gelingen. Die Hinwendung und Nutzung von Licht- und Werbeästhetiken und damit die Hinwendung zu Gefilden des POP frisst dann die Arbeiten Kriwets schliesslich deutlich auf. Man findet immer weniger menschliche Substanz. Die Beendigung seiner künstlerischer Laufbahn in den 1980er Jahren ist folgerichtig. Ein bisschen wehmütig wird es ja oft, wenn man die Kunsthalle verlässt.
Also: anschauen und selbst beurteilen.

Donnerstag, 10. Februar 2011

Helga Meister, Kulturjornalismus und Machtmissbrauch II





























Der letzte Blogbeitrag zum Thema des persönlich instrumentalisierten Kulturjournalismus, betitelt „Helga Meister, Kultur und Korruption?“, hat zu etlichen positiven Reaktionen geführt. Nicht nur Künstler und sonst verhaltene Galeristen haben diesem Blog von weiteren Fällen des journalistischen Missbrauchs berichtet und (zumindest stille ...) Solidarität erklärt, ich erhielt auch einen Artikelvergleich, der das beschriebene Prinzip veröffentlichter Fehlinformation in der WZ durch Frau Helga Meister im kulturellen Bereich in weitere fatale Dimension trägt. Diesen Vergleich möchte ich den Lesern des Blogs nicht vorenthalten, bestätigt er präzise geschilderten Verdacht und Methode. Dass Frau Helga Meister selbst kuratorisch tätig ist und sein möchte, könnte ein Indiz sein für die Steuerungsabsichten und persönlichen Interessen hinter den scheinbar schlecht recherchierten Kulturbeiträgen, bei der sie möglicherweise die Westdeutsche Zeitung für ihre Zwecke nutzen darf. Der gut recherchierte und seriös formulierte Artikel aus der NRZ (WAZ Gruppe) von Frau Julia Killet vom 7. September 2010 beschreibt Geschichte, Veränderungen und die kulturellen Verdienste des mitgliederstarken und innovativen Kunstvereins WP8 in Düsseldorf. Im Artikel-Vergleich dazu sieht man erneut die fehlerhaft recherchierte, mangelhaft ausgeführte Berichterstattung der WZ Kulturedaktion durch die bereits erwähnte Autorin Meister, vom 26.8. 2010. Das mehrfache, vollkommen überflüssige Namedropping Andreas Gurskys als Gründer und Retter des Kunstvereins WP8 verdeutlicht die bereits peinlich zu nennende, simpel gestrickte Rechnung Meisters, die im gesamten Artikel die Rolle und die Lage des Kunstvereins nicht nur nicht erkennt, sondern ihn verfälscht und destabilisiert. Von der beschriebenen ästhetischen Tarnung der Räume gegen Obdachlose und Drogenabhängige lässt sich wohl eher auf  beinahe rassistische Vorurteile der Autorin schliessen, als auf das offene künstlerische Klima im Kunstverein.
Ein Tabu unserer Gesellschaft bleibt die Situation von Kultur und ihren Strukturen, die zum Teil von einem freien, verantwortlichen Umgang mit menschlicher Kreativität wegführen. Die Presselandschaft braucht mehr kritische Journalisten mit einer echten Haltung und mehr sozialer Kompetenz. Meinen Dank an Frau Killet die mutig genug war, genau das aufzuzeigen. Beide erwähnten Artikel sind mit dem unten stehenden Link nach zu lesen.

Beide Artikel zum download, hier klicken

Donnerstag, 3. Februar 2011

Helga Meister, Kultur und Korruption?


Eine der altgedienten Galionsfiguren des rheinischen Kulturjournalismus.
























Kunst besprechen und kritisieren: das gehört selbstverständlich auch zum Alltag eher regional orientierter Gazetten wie der Westdeutschen Zeitung. Zu wenig untersucht wird die Bedeutung einzelner journalistischer Köpfe innerhalb der Feuilletons, bzw. der Kulturseiten, als gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Machtfaktor. Die angesprochenen  Kulturjournalisten werden von Künstlern und Galerien zum Teil hofiert, zum Teil gefürchtet, fände man doch als kulturelle Leistung nur unzureichend statt, hätte man nicht ab und an eine Besprechung in Form eines redaktionellen Artikels (zumal, wenn man kein Blogger ist ...). Da halten viele, trotz mancher Ungerechtigkeit lieber den Mund, um sich den nächsten Pressebesuch nicht zu verscherzen. An welchen künstlerischen Vorstellungen und journalistischen Werten orientieren sich jedoch derzeit diese Journalisten? Aus welchen Quellen fliessen zusätzliche Honorare? Nach welchen Kriterien filtern Kultur-Journalisten Kunstinformationen für die Leser heraus? Welches gesellschaftliche Bild erzeugen sie damit? Um das genauer zu beleuchten, möchte ich ein konkretes, ein nachprüfbares Beispiel geben und Namen nennen, um zu zeigen, wie Mitarbeiter von Zeitungen Entwicklungen steuern, verschieben oder gar unterbinden können, im besten Fall ohne darüber nachzudenken. Die Fakten: ein in deutsch-weissrussischer Kooperation gänzlich neu entwickeltes Galerieprojekt in Düsseldorf Flingern, wird von einer Journalistin der WZ, Frau Helga Meister, besucht – sie sagt, sie möchte etwas über die Künstler und die Idee der Galerie schreiben. Alle Fragen werden der Journalistin detailliert beantwortet. Aus diesem Interview entsteht ein Artikel, der zum größten Teil das genaue Gegenteil der Interviewinhalte berichtet und die Galerie-Idee nicht nur vollständig unterschlägt, sondern sie regelrecht untergräbt. Ein Artikel, der in Teilen bis heute im Internet erscheint und sich für diese Galerie letztlich imagezerstörend ausgewirkt hat. Frau Meister, die sich mit den Sternchen der regionalen Szene immer wieder gern selbst fotografisch in Szene setzt, berichtete in ihrer Arbeit ohne jeden Skrupel davon, das die Galerie nur Künstler des Stadtteils zeigt, alle Macher aus Flingern stammen und das selbst die Galeristin im Haus wohnen würde. Was scheinbar harmlos klingt ist nicht nur falsch, es ist zudem für den beginnenden Ruf einer international ausgerichteten Kunstvermittlung eine weltweit abrufbare, fatale Fehlinformation. Die so in der Zeitung und später im Web angezeigte, angeblich regionale Ausrichtung der Galerie, die offizielles Mitglied des BVDG und der profilierten Düsseldorfer Galeriengemeinschaft „parallel“ ist, verfügte jedoch von Beginn an über ein breit gefächertes Angebot von Künstlern verschiedener programmatischer Ansätze und Nationalitäten aus ganz Deutschland und tatsächlich zur Hälfte aus Osteuropa. Das Ziel, der auf privater Initiative entstandenen, mit hohem persönlichem und finanziellem Einsatz gestalteten Idee, osteuropäische Kunst und Kultur, gerade aus dem weitgehend unbekannten Weissrussland hinter dem Vorhang des Politischen und Unsichtbaren hervor zu holen und in Düsseldorf öffentlich diskutieren zu lassen, wurde von der Kulturredaktion der WZ und Frau Meister mit einer Leichtfertigkeit verspielt, die im schlimmsten Fall den Verdacht der Korruption oder der Absprache innerhalb des Systems der Galerien und des Kulturjournalismus in Düsseldorf nahelegen könnte. Das nach diesem Artikel verhängte Hausverbot von Frau Meister hatte zum Resultat, dass für eine gewisse Zeit in keiner wichtigen Zeitung der Region mehr Reaktionen oder Artikel über die Galerie erschienen. Noch nicht einmal zum Anlass der erneuten, auch kunsthistorisch gesehen, nicht unbedeutenden Ausstellung mit Deutschlands erster Aktionskünstlerin Chris Reinecke in Düsseldorf, der Mitbegründerin der legendären LIDL Gruppe. Diese Künstlergruppe hat Reinecke in Kunstkreisen und ihren Ehemann Jörg Immendorf in der Welt berühmt gemacht (noch etwas, das man hinterfragen müsste). Wäre dies ein journalistischer Einzelfall, so würde man vielleicht resigniert mit den Achseln zucken, jedoch liegen diesem Blog Informationen vor, das auch in einem anderen Fall Frau Meister für die WZ erstelltes Bildmaterial zur Verfolgung eher persönlicher oder vielleicht politischer Ziele benutzte. Ein Foto, das von ihr auf einer Kunstausstellung gemacht wurde, taucht im Zuge eines sozio-politischen Tauziehens um alte Fabrikgebäude später in eben diesen Zusammenhängen wieder auf. Auf diesem Fotos abgebildet auch Menschen, die mit den Zielen des Artikels überhaupt nicht konform gehen. Hier hätte zumindest eine einfache Recherche gut getan. Übrigens: mehrfache Versuche Gegendarstellungen der offensichtlichen Unwahrheiten in der WZ zu erhalten, wurden mit der Androhung von sehr teuren und langwierigen Gerichtsverfahren durch den damaligen Vorgesetzten von Frau Meister in mehrstündigen persönlichen Gesprächen mit der Galerieleitung unterdrückt.
Dieser Blog plädiert hiermit nachdrücklich für einen Journalismus der Kritik, aber gegen journalistische Fahrlässigkeit und eklatanten Machtmissbrauch.
Die Frage, ob Blogs den seriösen Journalismus beschädigen, darf somit gerne auch ganz anders gestellt werden.

Freitag, 21. Januar 2011

Galerie Ruth Leuchter, Jan van der Ploeg, Flingern

























Es ist besonders schön zu sehen, wie zeitbezogene theoretische Vorurteile zur Farbfeldmalerei oder der Op-Art im Nichts verpuffen, sobald man vor, bzw. innerhalb der Arbeiten steht. Der 1959 in Amsterdam geborene Ploeg ist mit seiner Kunst weit entfernt davon behäbig zu wirken. Im Gegenteil. Mit diesem Künstler, der glücklicherweise keine Angst vor seiner Zuneigung zum Design zu haben scheint, wirkte die Galerie von Ruth Leuchter wieder als die direkteste und frischeste beim ersten Galerienrundgang in Düsseldorf-Flingern 2011. So ist es sicherlich nur ein Zufall, das der Ausstellungsraum nicht in der Gruppenliste der gemeinsam eröffnenden Galerien in diesem Stadtteil mit beworben wird: die starken, griffigen Farben der mural-paintings leuchteten bis auf die Strasse und stellten ihre archtektonischen Fragen nicht nur innerhalb der Galerieräume. Ansichten wie bei modernen Schattenspielen taten sich wie nebenbei in den Fenstern auf. Die Tendenz einiger Künstler hin zu temporären Arbeiten, die sich auch in dieser Ausstellung zeigt, ist ein Schritt in eine vergängliche Schönheit, die jede Farbwirkung, gerade in dieser raumbezogenen Form, deutlich mit Musik verbindet.
Auf jeden Fall anschauen oder anhören ...

Jan van der Ploeg
Galerie Ruth Leuchter
Düsseldorf Flingern

Mittwoch, 19. Januar 2011

Street Art, die Stadt, der Tod.























Die Methoden der Vereinnahmung und jede werbestrategische Mehrfachnutzung sogenannter Street-Art-Künstler und Sprayer sind Legion und werden gerne mit selbstgefälliger Attitüde besprochen.
Es gibt keinen Grund über die Eingliederung von Street-Art in den Kunstmarkt besorgter zu sein als über die zu schnelle gesellschaftliche Absorbtion jeder anderen Kunstform auch. Wenn man allerdings Alex Rühles kleinlaute Auslassungen zur Street-Art in der SZ liest, mag man aufhorchen: scheint selbst ein manifestiertes Ranking solcher Kunst in den Neuerscheinungen des Buchmarktes für den Autor kein diskussionswürdiges Problem dazustellen. Eine ursprünglich tribalistisch und sozial motivierte Form der Selbstdarstellung wird hier mit Methode genialisiert und dem zugeführt wohin alle Kunst wandert – behält sie nur lange genug eine gewisse Ähnlichkeit – um gelabelt zu werden: in einer verkürzten Anerkennung als Produkt. Die Street-Art birgt allerdings Möglichkeiten neuer gesellschaftlicher Einsichten, die weit über städtische Fahrradkarten, auf denen die neuesten Arbeiten von Banksy oder Slinkachu verzeichnet sind, hinausgeht. Die Besprechung erinnert fatal an die verstümmelt rezipierte Version von „Jeder Mensch ist ein Künstler“ durch die Bild-Zeitung der 60er bis 80er Jahre, die zwar zu einem Zuwachs von Malkursen an Volkshochschulen führte, jedes revolutionäre Moment der Kunst jedoch zu verhindern wußte (siehe letzter Blogbeitrag). Das diese öffentliche Rolle jetzt der Süddeutschen Zeitung zukommt bestürzt.
Aber es sind auch die Künstler selbst die den Diskurs leichtfertig verschenken. Der öffentliche Raum und die Marke „Street-Art“ sind nicht nur für Firmen interessant, sie eignen sich ebenso aus Künstlersicht zur Selbstpopularisierung in Manier der Guerilla-Werbung. Der Umstand das Künstler sich meist selbst vermarkten müssen wird gerne vergessen. Er passt nicht so recht zum verträumten, idealisierten Künstlerbild. Die Entwicklung der Street-Art/ Urban-Art hat zu einem Rundum-Design des Öffentlichen geführt, durch soziale Netzwerke und YouTube ebenso vervielfacht wie instrumentalisierbar. Die fühlbaren Nischen und blinden Flecke einer Gesellschaft sind mittlerweile in den stylischen Präsentationsmodus geschaltet. Todd James u.a. liefern eine verdünnte Biennalemusik dazu.
Es beginnt jetzt die Zeit, in der die öden und für Sprayer unerreichbaren Flächen unter den Brücken der Stadt zu einer uniquen Dimension der Stille reifen.

Zur Weiterentwicklug der Street Art

Donnerstag, 13. Januar 2011

Johannes Stüttgen auf der Birkenstrasse und das Kapital kommt nach Flingern


























Den gegenseitigen Begrüssungen zufolge wirkte es wie ein Treffen alter Bekannter, die der Einführung in den erweiterten Kunstbegriff von Joseph Beuys durch Johannes Stüttgen beiwohnen wollten. Ort: ein Kunstverein auf der Birkenstrasse in Düsseldorf Flingern. Das als kreativ gehypte Viertel Düsseldorfs, in dem die ersten Galerien schon wieder abwandern, ist bestimmt nicht der schlechteste Ort für das Gespräch über einen Kunstzusammenhang, der den gesamten Menschen fordern will. Johannes Stüttgens Unmittelbarkeit im Vortrag wirkt auch deswegen so symphatisch, weil der, trotz seiner langen Erfahrung bei der unermüdlichen Klärung von Fragen, suchende Stüttgen, der im vorgestellten besten Sinne Künstler Stüttgen, immer präsent ist. Nicht nur in einer gelegentlich vorsichtigen Suche nach der formenden, den Sinngehlt weitertragenden Wortwahl, sondern auch in der Gestik und Bewegung zeichnet er so Teile der Arbeit von Joseph Beuys deutlich nach. Es ist jedoch auch eine sprachliche Welt in die hier eingeführt werden muss. Präzise Begriffsdefinitionen und Kontexteinfügungen führen zu strukturierenden Perspektiven, wie bei der Materie und der Erde als Widerstand oder den erweiternden Zusammenhängen von Kapital und Kreativität. Ob am späteren Abend viele der Zuhörer die Über- und Unterschneidungen der Begriffe Substanz, Materie und Material noch so klar verinnerlicht haben werden, wie zum Zeitpunkt des Vortrags, ist schwer zu sagen: gerade in einer Zeit in der das Piktogramm beginnt die Sprache zu bespaßen. Daher ist es eines der Verdienste von Joseph Beuys die Erfahrungen über das Material und die Zeichnung – als ein Urtypus des Bildes – wieder auf menschliche Ebenen gelenkt zu haben, die mit Kopf, Gefühl und Willen nachvollzogen werden können und daher beständig wichtiger werden. Johannes Stüttgen sei unter anderem dafür Dank, daß wir das nicht so schnell vergessen wollen. Eine seiner Publikationen aus dem Jahre 1983 hat mich immerhin mit veranlasst herauszufinden was es bedeutet Künstler zu sein und trotzdem Humor zu haben.
Es hiess nach einem Titel der Bild-Zeitung: „Professor lag der Länge nach in Margarine.“

Johannes Stüttgen liest aus DER GANZE RIEMEN

Dienstag, 11. Januar 2011

Triegel malt den Papst nach Leipzig
























Den Pabst von einem Foto abmalen dürfen und glauben, das sei ein Tabubruch? Das ist sehr lustig, Herr Triegel. Aber so äußern sie sich im Feuilleton der Welt von letzer Woche. Soweit wir alle wissen: der Papst ist mittlerweile ein netter Popstar mit leidlich grosser Anhängerschaft. Das manche ihn für ein Symbol halten ist die kulturelle Tellerrandidee eines schon lange verkauften Sinns. Nicht an eine Avantgarde zu glauben ist ebenso ein Allgemeinplatz, aber daraus falsche Schlüsse zu ziehen ist noch weniger eine Leistung. Sie hätten zudem gern selbst einen Glauben? Na, dann machen Sie sich doch einen, oder nehmen Sie einen aus dem großen Angebot. Glauben kann man alles. Man muss nur wollen. Kunst füllt die Leerstelle der Religion übrigens schon seit langem nicht nur in Ihrer Vorstellung, sondern gefühlt tatsächlich aus, und das eben nicht zum Vorteil der Gesellschaft. Dazu fehlen der Kunst die Möglichkeiten korrektiver Hinwendung und ein grundsätzlicher gesellschaftlicher Konsens. Wenn man den überhaupt suchen möchte, erreicht man ihn nicht mehr über religiös-mythologische Substrate, gezeugt im Glauben an das Handwerk. Damit stärkt man höchstens das System „Kunstprodukt“ in seiner heutigen, gesellschaftsklitternden Funktion. Fragen nach dem Avantgardismus sind ebenso veraltet, wie ein altmeisterlich wirkendes Gemälde vom Papst Teil jeder Bierwerbung sein könnte. z.B. zwei Japaner und der Papst hängt im Biergarten ... Jedes kreativ motivierte Papstbild ist das Gegenteil eines Tabubruchs. Es ist ebenso konform, so angepasst wie eine sehnsuchtsvoll zurückschauende Maltechnik heute als blosse Methode unter Hunderten gleich gültiger Möglichkeiten erscheinen muss.
Aber: ein toller Hund war auf dem Atelierfoto.

Mittwoch, 5. Januar 2011

Wutbürger beten.


























Ausdrücklich vermeidet die Deutsche Gesellschaft für Sprache jede Wertung zum Wort des Jahres 2010. Warum eigentlich? Es heißt „Wutbürger“ und keiner weiss wirklich, ob man sich über das Wort freuen kann oder nicht. Vielleicht ist es die phonetische Nähe zu „Gutbürger“ die irritiert? Das Wort ist vor allem deshalb Wort des Jahres geworden, weil es gezählt sehr häufig von der Presse gebraucht wurde, vor allem um die Haltung der Bürger bei den Protesten in Stuttgart zu beschreiben. Was hat die Presse nun dazu veranlasst dieses Wort immer wieder für sich zu nutzen? Welches öffentliche Bild aufständischer Bürger hat man damit erzeugt? Wut ist eine Emotion von grosser Wucht, die in Demokratien unserer Prägung wenig erwünscht ist. Die Verbrämung des Wortes mit Aspekten des undefiniert Bürgerlichen verschleiert die Kraft dieser Emotion. In Wirklichkeit wurde in Stuttgart ein Aufstand niedergeschlagen. Die Demonstrationen zu Stuttgart 21 war auf keinen Fall ein Zusammentreffen von Wutbürgern. Das soll in etwa so harmlos klingen wie ein Wettessen von Hamburgern oder das Feiern mit Blutsbrüdern. Die Redaktionen der führenden Presse dürfen wahrlich nicht stolz sein auf dieses Wort.
Es betet die Demokratie weiter herunter.


Ein echter Bürger.

Dienstag, 21. Dezember 2010

Schirn Frankfurt, Outsider?



















Die Kuratorin der Schirn, Dr. Martina Weinhart, lässt es erstaunlicherweise zu, daß ihre Ausstellung „Outsider“ einen Begleittext erhält, der einem Offenbarungseid aktueller Kunst gleicht. Er trennt auf groteske Weise noch im 21. Jahrhundert eine sogenannte normale Kunst von einer sogenannten Outsider Kunst. Das vor allem etwas unerfahrene Kuratoren gerne eine vorhandene Ordnung übernehmen, ist aus ihrer Sicht verständlich und vermutlich der  wenig kreativen Ausbildung geschuldet. Der Text belegt jedoch, wie wenig heutige Kunst aus Sicht der Schirn noch in der Lage zu sein scheint, sich in neuen Positionen und im Denken abseits von Normen und Konventionen zu bewegen. Er zeigt zudem die klischeehafte Aneignung des Begriffes „Outsider-Kunst“ des Kunsthistorikers Roger Cardinal. War es denn nicht von jeher geradezu eine Notwendigkeit guter Kunst im Allgemeinen grenzerweiternde Aspekte des Lebens erscheinen zu lassen? Zur weiteren Erhellung hier ein Auszug aus dem offiziellen Text der Frankfurter Schirn zur angesprochenen Ausstellung: „Das Denken jenseits der Norm lässt fantastische Werke entstehen. Gebunden an die schöpferischen Fähigkeiten, an seelische Zustände, die vom Alltäglichen, „Normalen“ mehr oder weniger abweichen, enthüllen Outsider-Künstler in ihren Werken Unerwartetes. Häufig am Rande der Gesellschaft stehend, beleuchten sie die Grenzen und Widersprüchlichkeiten des menschlichen Daseins und vermitteln eine tiefe Unruhe über die Beziehungen zwischen Wirklichkeit und Fantasie. Sie lenken den Blick auf die undurchsichtigeren Wege des Denkens und geben Anlass zu grundsätzlichen Fragen.“ Gilt eine solche kuratorische Belanglosigkeit nicht stets und für alle Kunst? Hätte die Art Brut nicht als antiakademische Bewegung die Möglichkeit geboten, über diese Weltanschauung als Sichtweise zu diskutieren? Wäre das nicht die didaktische Chance des Museums gewesen? Warum werden die derzeit in der Schirn ausstellenden Menschen immer noch mit dem Titel Outsider gelabelt? Ist das irgendwie interessanter? Obwohl die Kunst längst arriviert ist und nicht mehr outside ist, wie der Ort der Ausstellung selbst gut zeigt. Geht es um einen irren Reiz? Ist diese innere Trennung der Kunst nicht tatsächlich ein unbemerkter Nachbrenner der Kunstauffassungen aus dem Dritten Reich? Die an der Ausstellung beteiligten Künstler wie Aloïse, Judith Scott, George Widener oder August Walla haben so einen Unsinn auf jeden Fall nicht verdient.
Starke Bilder allemal – in einem offensichtlich unaufmerksamen Museum.

Für echte Outsider hier klicken ...

Donnerstag, 16. Dezember 2010

Jochen Gerz, 2-3 Strassen

Jochen Gerz wohnte für uns in einem Haus in Essen.




















Wie schon oft ist es Jochen Gerz mit der jetzt beendeteten Aktion „2-3 Strassen“ wieder gelungen, mit, soweit es sich übersehen lässt, gesellschaftlichem Gewinn, die Vorstellung vom einfachen Bürger mit der überholten Idee der heutigen Künstler als Polarität sowohl in Frage zu stellen als auch zu nutzen: Kreative aus ganz Europa zogen in verschiedene, bewohnte Häuser im Ruhrgebiet für ein Jahr – und alle haben darüber in einem offenen Buch geschrieben. Die Idee einer gesellschaftlichen Autorenschaft, die er sucht und die seiner Arbeit stets zugrunde liegt, ist so entscheidend und vielversprechend, daß er es schwer haben dürfte jenseits seiner Bezüge zur Erinnerungskultur langfristig in der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden. Der Grund dafür ist einfach: die Ideen sind wichtig und zerstören inhaltlich die trägen Auffassungen von Kunst. Noch sorgen die öffentlichen Auftraggeber aus eigenem Interesse für die notwendige Pressearbeit. Der finanzielle Einsatz der öffentlichen Trägerschaft muss schliesslich beglaubigt werden. Gerz hat jedoch Elementares verstanden und seine Grösse liegt auch im steten Suchen nach dem geeigneten Bild für den Anstoss zu neuen, komplexen gesellschaftlicher Prozessen. Jochen Gerz ist damit ein deutlich wichtigerer, aber weitaus schlechter bezahlter Künstler als die gestrigen Richter oder Gursky. Gerz Konzepte, die sich auf den Wandel der ästhetischen Anschauungen beziehen, verlangen nichts weiter als die Neuorientierung der Kunst schlechthin und einen Verzicht auf herkömmliche Bildformen. Damit deckt sich seine Auffassung mit denen aktueller Kunstgruppen, die allerdings den Begriff der Autorenschaft oft vollkommen freigegeben haben. Die Autorenschaft allerdings scheint Gerz noch stets mit dem Einzelnen und seinen persönlichen Ideen zu verbinden, womit er dem Verständnis des genialischen Künstlers noch verhaftet bleibt. Das er mit seiner Arbeit wichtige Felder neuer Kunst bearbeitet ist ein kaum einschätzbarer Wert für uns alle.

Mittwoch, 1. Dezember 2010

Wikileaks zum Kunstwerk erklärt.

Alte Angst wird gegen Wikileaks benutzt ...


























Ist das nicht Kunst? Die Internetplattform wikileaks macht geheime, selten zu sehende Informationen, Bilder und Dossier aus politisch verantwortlichen Kreisen öffentlich und für jeden zugänglich. Wer könnte sich darüber aufregen? Jeder der halbwegs mit beiden Beinen auf der Erde steht kann leicht einsehen, daß dies ein Schritt gegen Geheimdiplomatie, Faktenverschleierung, Unehrlichkeit, Machtmissbrauch der politischen Klasse und damit gegen Unterdrückung und für die Verwirklichung einer demokratischen Grundordnung ist. Vielleicht ist Wikileaks eines der spektakulärsten Kunstwerke unserer Zeit. Wir alle sollten es dazu erklären. Ein Werk von glänzender Schönheit. Es dechiffriert die überkommenen Methoden der Politik und klart den Himmel unserer verstrickten Welt ein wenig auf. Gerade in den medialen Nachwehen kann wundervoll beobachtet werden, wie unendlich weit sich Diplomaten und selbst demokratische Volksvertreter und Regierungen von den Ideen der Verantwortlichkeit und Offenheit gegenüber ihren Bürgern, für die sie letztlich arbeiten und die sie bezahlen, entfernt haben. Herr Geissler wurde benutzt um diesen Graben in Deutschland zuzuschütten. Wie wird das weltweit gelingen? Der Finger ist in der Wunde und die Politik benimmt sich wie im B-Movie. Sonst nichts.

Wie aus wikileaks ein Kunstwerk wird. Hier klicken.

Dienstag, 30. November 2010

Schlichter Spruch zerredet Demokratiebewegung

Sieht das cool aus, oder was?














Es verwundert nicht, dass der heutige Schlichterspruch ein Lächeln auf das Gesicht der Verantwortlichen der Deutsche Bahn zaubert. Obwohl die von Herrn Geissler auch medial geschickt gelenkte Schlichtung auf die meisten von uns ausnehmend gerecht wirken soll, letztlich sind alle Beteiligten ins gemeinsame (sic!) demokratische Boot gekommen und haben das berühmte „Gespräch auf Augenhöhe“ möglich gemacht, ist unklar, ob auch alle mit heiler Haut aus der Situation heraus gekommen sind. Apropos Augenhöhe: das bisherige Gefälle der politisch Verantwortlichen gegenüber dem Engagement der Bürger könnte wohl nicht klarer ausgedrückt werden als mit diesem Zitat des Tages. Tatsache ist, dass Stuttgart 21 rechtlich immer auf sicherem Boden stand und ein Gespräch nur stattgefunden hat, um die öffentliche Brisanz der Bürgerbewegung zu entschärfen und vom Demokratiebegriff zu entkoppeln. Ein modifizierter Bahnhof oder „S21plus“ dürfte daher keine Überraschung sein. Einige etwas deprimierte Gesichter von K21 Befürwortern zeugten sympathischerweise von echter Hoffnung auf mögliche Veränderung. Die sogenannte Bürgerrechtsbewegung hat in einer großen Detailversessenheit ihre Professionalität überzeugend dargestellt, jedoch damit viel zerreden lassen und detaillierte Informationen geliefert, um Stuttgart21 nun auch öffentlich wasserdicht zu machen. Es wurde ja alles getan ... Die Demo-Luft dürfte bei vielen empörten, weil ungerecht behandelten Menschen, eine wenig raus sein. Wenn gestandene Landesväter plötzlich behaupten, seit den Prozessen um S21 viel gelernt und wichtige demokratische Erfahrungen gemacht zu haben, wirft das ein grauenhaftes Licht auf den Stand von Erfahrung und Emphatie der von uns gewählten Politiker. Jedoch ist das politische Ziel der Befürworter der Rechtssicherheit erreicht: das Ende der gefährlich großen Demonstrationen. Sie sind näher an der Bürgerrevolte gewesen als vielen bewußt war– auch für die Bundespolitik keine entspannte Situation. Ob sich neue demokratische Verfahren als Resultat der Stuttgarter Gesprächskultur abbilden lassen können, wird man noch beobachten müssen. Das bedeutet für die politische Klasse ihre Macht ab- und in die Hände des Volkes zurückzugeben. Die Historie hat gezeigt, so etwas passiert selten aus Einsicht. Herr Geissler muss sich nun für das eigentlich dürftige Schlichter-Resultat als Erneuerer der Demokratie feiern lassen. Das dürfte ihn selbst überraschen.

Donnerstag, 25. November 2010

Neues Morsbroich Neues Rheinland


























Das Museum Morsbroich muss tief in die professionelle kuratorische Trickkiste greifen. Die unter der Ko-Kuratierung von Markus Heinzelmann stehende Ausstellung, trickreich Neues Rheinland genannt, versucht eine lose Gruppe von Künstlern, oft aus dem direkten Galerienumfeld Leverkusens, mit den Leistungen der ZERO Gruppe und nicht näher bestimmten Größen der 1980er Jahre zu verknüpfen. Gleich einer Corporate Identity werden diese Künstler der 1970er Jahrgänge nun „Neues Rheinland“ und „Postironische Generation“ gelabelt, sollen doch alle Teilnehmer ein gemeinsames Interesse an bestimmten Themen haben. Diese Themen stellen sich als die Ablehnung der Ironie heraus, die man durch Ernsthaftigkeit und Humor ersetzt sieht. Ein Schachzug. Humor steht hier für die Hinwendung zum Trotz-Allem. Nur, es fehlt der rechte Glaube an eine im Kapitalismus groß gewordene und zusammenhängende Generation – in Zeiten fortschreitender Entropie – die man so einfach auffächern könnte. In der Ausstellung sind Künstler einer Generation, denen vor allem akademische Humorlosigkeit, die überzogenen Einkommensvorstellungen der 1980er und die Resignation vor ihrer eigenen politischen Rolle bei den globalen Problemen eigen ist. Galt es doch stets die ausgetretenen kapitalistisch vorgeprägten Wege und die Strukturen nachzuzeichnen, um sich am Markt behaupten zu können und dennoch eine angeblich verinnerlichte Kapitalismuskritik vor sich her zu tragen. Selten findet man so viel Hochmut und fehlende Distanz zur eigenen Arbeit wie in den Ausstellungen und Galerien dieser Leute. Die erneute Hinwendung zum Handwerk und zu seltener eingesetztem Material könnte auch als ein deutliches Zeichen für die anstrengende Substitution von Inhalten gelesen werden. Ein Spagat. Auch die Gegenüberstellung von Ironie und Ernsthaftigkeit als Gegensätzliches ist als Ansatz eher fragwürdig, oder, wenn man die Begrifflichkeiten definiert, deutlich verkopft.  Man wird sehen, ob eine ernstgemeinte Ausstellung in Leverkusen zustande gekommen ist oder ob man einigen, mit dem Museum verbundenen rheinischen Galerien den Gefallen tut etliche ihrer Künstler zum Jahreswechsel noch mal unter der markanten Sammler-Headline des Neuen Rheinland aufzuwerten.
Aber wo ist das im Homepagetext des Museums postulierte Engagement der Künstler? 
Und worin besteht es? Es wird Zeit die Dinge zu Ende zu denken. 

Dienstag, 23. November 2010

RFBK. Aufruf zur Revolution der Künstler.


Offene Wege.















Es ist soweit. Die Gesellschaft und die Medien sind zwar gefühlt durchdrungen von Kunstpräsentationen beinahe heilsbringerischer Ausmaße, nur klafft die Schere zwischen einer gesamtgesellschaftlichen Diskussion, den Menschen ausserhalb des Kunstdiskurses und den Künstlern, soweit auseinander wie nie. Was die Kirche seit langem erlebt steht der Kunst noch bevor. Eine stärker werdende Spaltung versucht ein neues Projekt mit dem Namen „Revolutionäre Front Bildender Künstler“, und dem Kürzel RFBK zu überwinden. Die bisherigen bildnerischen Kunstformen werden rigoros in Frage gestellt, um z.B. über das radikale Hinterfragen des Künstlerbildes, zu gesellschaftlich relevanter Kunst und einer elementaren, auch politisch sich verantwortlich zeigenden Bildsprache zu gelangen. Offenbar kann man in die RFBK eintreten, sich selbst damit zu einem Künstler subversiver Prägung erklären und Vorschläge zu völlig neuen Kunstformen hinterlassen. Kritische Künstler in die RFBK. Endlich geht's los ...

Mehr zur Mitgliedschaft in der RFBK hier klicken.