Drift, Übergriff, Kritik. Ein offenes Kunstprojekt von Carsten Reinhold Schulz
Mittwoch, 5. Januar 2011
Wutbürger beten.
Ausdrücklich vermeidet die Deutsche Gesellschaft für Sprache jede Wertung zum Wort des Jahres 2010. Warum eigentlich? Es heißt „Wutbürger“ und keiner weiss wirklich, ob man sich über das Wort freuen kann oder nicht. Vielleicht ist es die phonetische Nähe zu „Gutbürger“ die irritiert? Das Wort ist vor allem deshalb Wort des Jahres geworden, weil es gezählt sehr häufig von der Presse gebraucht wurde, vor allem um die Haltung der Bürger bei den Protesten in Stuttgart zu beschreiben. Was hat die Presse nun dazu veranlasst dieses Wort immer wieder für sich zu nutzen? Welches öffentliche Bild aufständischer Bürger hat man damit erzeugt? Wut ist eine Emotion von grosser Wucht, die in Demokratien unserer Prägung wenig erwünscht ist. Die Verbrämung des Wortes mit Aspekten des undefiniert Bürgerlichen verschleiert die Kraft dieser Emotion. In Wirklichkeit wurde in Stuttgart ein Aufstand niedergeschlagen. Die Demonstrationen zu Stuttgart 21 war auf keinen Fall ein Zusammentreffen von Wutbürgern. Das soll in etwa so harmlos klingen wie ein Wettessen von Hamburgern oder das Feiern mit Blutsbrüdern. Die Redaktionen der führenden Presse dürfen wahrlich nicht stolz sein auf dieses Wort.
Es betet die Demokratie weiter herunter.
Ein echter Bürger.
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