Drift, Übergriff, Kritik. Ein offenes Kunstprojekt von Carsten Reinhold Schulz
Dienstag, 9. Februar 2010
Künstler feiern spontan Hartz 4 Urteil
Das heutige Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das voraussichtlich zu einer Erhöhung der Hartz 4 Regelsätze führen wird, ist von vielen Künstlern mit wildem Enthusiasmus aufgenommen worden. Vor dem Karlsruher Gerichtsgebäude versammelten sich spontan mehrere hundert Künstler, um gemeinsam zu singen und zu diskutieren. Die bundesdeutschen Künstler stellen, des Sprechers ihrer Interessenvertretung in NRW zufolge, die verhältnismäßig größte Gruppe der Hartz 4 Empfänger dar. Ein wohl sehr dunkles Kapitel bundesdeutscher Kulturgeschichte, denn gerade das öffentlich gewünschte Bild des erfolgreichen Künstlers verschwimmt zusehends im Nebel einer immer stärker werdenden Hilfebedüftigkeit vieler Kulturschaffender in Deutschland. Selbst die nationale Schwarzarbeit erscheint geradezu als ein Hort der Einfallslosigkeit, vergleicht man die kreativen Pläne vieler Künstler, sich selbst und der eigenen großen Kinderschar, das erforderliche Auskommen zu sichern. Unbehelligt von der hochwertigen professionellen künstlerischen Arbeit werden Parallelexistenzen gechaffen, die nicht selten Tellerwäscher, Parkhausaufsicht, Drogendealer oder gedungener Mörder heissen. Von der ungeliebten und sicherlich unverantwortlichen Arbeit in der Werbung einmal ganz abgesehen. Handtaschendiebstähle zur Finanzierung der Acrylbinder, Farben oder guter Firnisse sind in Malerkreisen längst die Regel und werden in den einschlägigen Kultur-Blogs nachträglich schriftlich legitimiert. Um eine gewisse Entspannung in den Alltag des Künstlers zu bringen, ist das Urteil des höchsten deutschen Gerichts nur zu begrüßen. Die offiziellen Feiern des Bundesverbandes Bildender Künstler im Beisein des stellvertenden Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse werden vermutlich Ende der Woche auf dem Aussengelände der Berliner Charité beginnen – ein Ort, der bei den erwarteten exzessiven Feiern schnelle Hilfe möglich macht. Hoffnung keimt hier und da auf: ein Novum angesichts einer, das Jahrzehnt abschliessenden, opportunistischen, gelb-schwarzen Schunkel-Regierung. Auch Kultur stinkt eben vom Kopfe. Ist es nun Fluch oder Segen, dass sich Wert und Form einer Kultur nicht als Gerichtsurteil abbilden lassen?
Bildquelle:� H.P.Haack
Labels:
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