Dienstag, 21. Dezember 2010

Schirn Frankfurt, Outsider?



















Die Kuratorin der Schirn, Dr. Martina Weinhart, lässt es erstaunlicherweise zu, daß ihre Ausstellung „Outsider“ einen Begleittext erhält, der einem Offenbarungseid aktueller Kunst gleicht. Er trennt auf groteske Weise noch im 21. Jahrhundert eine sogenannte normale Kunst von einer sogenannten Outsider Kunst. Das vor allem etwas unerfahrene Kuratoren gerne eine vorhandene Ordnung übernehmen, ist aus ihrer Sicht verständlich und vermutlich der  wenig kreativen Ausbildung geschuldet. Der Text belegt jedoch, wie wenig heutige Kunst aus Sicht der Schirn noch in der Lage zu sein scheint, sich in neuen Positionen und im Denken abseits von Normen und Konventionen zu bewegen. Er zeigt zudem die klischeehafte Aneignung des Begriffes „Outsider-Kunst“ des Kunsthistorikers Roger Cardinal. War es denn nicht von jeher geradezu eine Notwendigkeit guter Kunst im Allgemeinen grenzerweiternde Aspekte des Lebens erscheinen zu lassen? Zur weiteren Erhellung hier ein Auszug aus dem offiziellen Text der Frankfurter Schirn zur angesprochenen Ausstellung: „Das Denken jenseits der Norm lässt fantastische Werke entstehen. Gebunden an die schöpferischen Fähigkeiten, an seelische Zustände, die vom Alltäglichen, „Normalen“ mehr oder weniger abweichen, enthüllen Outsider-Künstler in ihren Werken Unerwartetes. Häufig am Rande der Gesellschaft stehend, beleuchten sie die Grenzen und Widersprüchlichkeiten des menschlichen Daseins und vermitteln eine tiefe Unruhe über die Beziehungen zwischen Wirklichkeit und Fantasie. Sie lenken den Blick auf die undurchsichtigeren Wege des Denkens und geben Anlass zu grundsätzlichen Fragen.“ Gilt eine solche kuratorische Belanglosigkeit nicht stets und für alle Kunst? Hätte die Art Brut nicht als antiakademische Bewegung die Möglichkeit geboten, über diese Weltanschauung als Sichtweise zu diskutieren? Wäre das nicht die didaktische Chance des Museums gewesen? Warum werden die derzeit in der Schirn ausstellenden Menschen immer noch mit dem Titel Outsider gelabelt? Ist das irgendwie interessanter? Obwohl die Kunst längst arriviert ist und nicht mehr outside ist, wie der Ort der Ausstellung selbst gut zeigt. Geht es um einen irren Reiz? Ist diese innere Trennung der Kunst nicht tatsächlich ein unbemerkter Nachbrenner der Kunstauffassungen aus dem Dritten Reich? Die an der Ausstellung beteiligten Künstler wie Aloïse, Judith Scott, George Widener oder August Walla haben so einen Unsinn auf jeden Fall nicht verdient.
Starke Bilder allemal – in einem offensichtlich unaufmerksamen Museum.

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2 Kommentare:

  1. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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  2. Art Brut, Raw Art, Outsider Art: Wie soll man eine Kunst benennen, die keine einheitliche Kategorisierung zulässt?
    Dr. Martina Weinhart, Kuratorin von "Weltenwandler. Die Kunst der Outsider", führt durch den Diskurs

    http://www.schirn-magazin.de/kontext/im-konigreich-des-eigenen-ichs/

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