Freitag, 16. September 2011

Fifty-fifty Galerie: das Ende einer guten Idee?



















Menschenverachtende Äußerungen bei der Führungsriege der fifty-fifty Galerie Düsseldorf?

   Die Obdachlosenzeitung und Initiative fifty-fifty verfügt über eine Galerie und verkauft immer wieder namhafte Kunst deren Erlös den Obdachlosen zugute kommen soll.
    Das sich Künstler mit gutem Willen oder einseitigen Absichten finden, die einen Teilbetrag oder Ihre gesamten Erlöse spenden ist eine gute Sache, selbst wenn diese Methode zu einer Entpolitisierung des Themas „Obdachlosigkeit“ führt. Längst gehören die Straßenmagazine zu einem System der Beruhigung der Öffentlichkeit vor immer größer werdenden sozialen Problemen. Die Beruhigung wird interessanterweise durch den Kaufimpuls ausgelöst und bringt kaum Nachdenken mit sich: scheinbar sind die fifty-fifty Verkäufer in Lohn und Brot. Als Resultat darf man sie dann getrost vergessen ...?
   Unerträglich wird die Kombination von Kunst und Obdachlosenmagazin, wenn der Galerieleiter Herr Ostendorf in seinem Newsletter vom 14.09.2011 versucht, das Niveau der Bildzeitung deutlich zu unterbieten, um ausreichende Verkaufserlöse zu erzielen. Der Zweck heiligt offenbar die Obdachlosen. Da werden bei der jüngsten Verkaufsausstellung fotografischer Arbeiten einer Düsseldorfer Künstlerin mit viel zu schneller Hand Verbindungen zu den Opfern des Nazi-Terrors hergestellt, um die ausweglos schlichten Inhalte der Bilder theoretisch zu unterfüttern. Das die Künstlerin in ihren Darstellungen Plattitüden der Sexualität nutzt (Hirsch leckt ein Geschlechtsteil, blabla, etc.) und Abbildungen nackter ästhetischer Körper mit Kunstblut und Photoshop zu Pyramiden schichtet, resultiert aus dem Willen, mit einer hinlänglich bekannten Methode aufzufallen. Warum auch nicht? Sie wird wohl nicht anders können oder wollen. Eine lässig hergestellte Verbindung zu Nazi-Verbrechen schützt den Künstler und sein Umfeld vor Kritik und inhaltlicher Begutachtung. Diese Bilder auf der eigenen Künstler-Homepage als „Schocker-Kunst“ anzupreisen, bestätigt dann überdeutlich die bereits in den Bildern bewiesene sehr einfache Zielsetzung. Diese Kunst schockiert jedoch nicht im mindesten, weil sie nichts bewegt. Besser: weil sie nicht bewegt. Diese Bilder zeigen nichts außer – vermutlich persönlich zu nennenden – plakativen Projektionen. Auch wenn die Öffentlichkeit im fifty-fifty Newsletter um wirklich jeden Preis mit kunstvollen Inhalten versorgt werden soll. Liest das denn niemand gegen der etwas sensibler ist?
Dabei wird leider, quasi im Vorübergehen, Idee und Wirkung von fifty-fifty demontiert. Wenn die jetzige Galeriearbeit etwas aufzeigt, dann ist die laufende Ausstellung ein Gradmesser für die Entfremdung von der eigenen sozial orientierten Idee, zugunsten eines Wunsches nach (laut herbeigerufenen) Skandalen für die mediale Selbstinszenierung. Wenn Herr O. beinahe süffisant schreibt, die fotografische Simulation einer Heroin-Injektion wäre ein super Aufreger, dann ist das nicht nur menschenverachtend.
Dann hat er einige Stern-Titel der 1970/80er Jahre verpasst und ist vermutlich noch nie über die Friedrich-Ebert-Strasse gelaufen, da kann man Injektionen live sehen – ohne die für ihn offenbar reizvolle, distanzierende Simulation.
Wie weit ist fifty-fifty selbst von Ihrer unterstützten Klientel bereits entfernt?
Die Organisation, die mit einer glanzvollen Idee gestartet ist, sollte sich wieder an aktuellen Themen und Notwendigkeiten orientieren und dafür ganz neue Wege finden.
Denn: es gibt sie nicht mehr, die Bösen und die Guten und die Massen.
Es gibt jedoch Einsicht, Haltung und die Suche nach neuen Formen der Solidarität.

Carsten Reinhold Schulz
Das zweite Feld der Kunst

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